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2024

Nachspiel: Nach dem Königsweg ist vor dem Königsweg

Piggy als Polyhymnia, Kermit auch als irgendwer, hinter ihnen ein alpenländisches Marterl. Ein Gedicht wird aufgesagt, nämlich dieses:

Schauen Sie sich nicht um! Ihnen folgt ein Zug von schwarzen Schiffen, aufgetakelt mit Fahnen, die schönen rollenden Wellen gehts hinauf, der Herr macht sie groß, größer denn je, und so sollen sie auch bleiben, und sie bleiben droben, im Schaum, den sie absondern, der ist ihr Element, sonst gingen sie unter. Es darf auch bleiben, alles Schaum auf den Wellen, die kommen und nicht wieder gehen. An den Ufern türmt es sich schon, das Meer der Unterdrückten, die endlich selber drücken dürfen, von unten nach oben und dann von oben nach unten. Es rollt, die Welle rollt. Sie ist schon nicht mehr aufzuhalten. Das gewaltige Gespann des Wassers, es rollt brüllend daher, ist nicht mehr zu bändigen, wer hätte das gedacht. Na, ich hab es mir fast schon gedacht. Jetzt sind es bereits an die tausend Schiffe mit Gläubigen, die das Wasser durchschneiden, umpflügen, sich selbst hineinsäen, drin umrühren, um auch die Massen zu rühren. Eine Kugel pfiff, und alle folgten ihr, alle, auf die jetzt wieder mal gepfiffen werden kann, nur wissen sie es noch nicht. Ein Schiedsrichter hat den Startschuß gegeben und dann gleich wieder abgepfiffen. Wie es war zu aller Zeit, so bleibt es in Ewigkeit. Wer unten ist, bleibt unten. Eine harte Hand hat nach ihnen gegriffen, aus Wasser, am Sand, sie sind am Sand und denken, sie sind noch im Meer und werden vom Wasser gekost, machen Schwimmbewegungen, werden selbst Bewegung, überfluten alles. Ein Glitzern wie von Schneckenschleim, ihr Kreaturen, ihr freßt da meine schönen Blätter!, ihr tut nichts, freßt mir aber die Haare vom Kopf! Es gibt nichts mehr. Jedenfalls von mir nicht. Ich sage, es gibt nichts mehr. Es gibt sonst nichts mehr, es gibt nichts andres mehr, das Andere existiert nicht mehr, da gibts nichts zu schauen, das Andre ist auch diesmal wieder dasselbe und bleibt es auch. Die Kugel pfiff vorbei und nahm ein Stück mit, nein, sie ritzte nur, sie schnitt es gern in diese Rinde ein, in diese Schwarte, es ist jetzt eingetragen, die Stelle ist auf ewig markiert, und jetzt alle, die nicht leben, die das Leben nur markieren, indem sie überall, wo schon jemand war, ihr Bein heben: die Menschen und ihre Häupter und dazu ihre Häuptlinge, ich kann sie hier nur anreißen, nein, lieber nicht, nicht ein Stück des heiligen Ohres fortgerissen vom Schwung der eiligen Kugel, die eilt, ohne sonst noch wohin zu müssen. Sie hat trotzdem einfach keine Zeit. Sie hat weiter nichts vor. Sie ist in Eile und kann nicht mehr viel bewirken. Ohne Pflaster würde man gar nichts mehr sehen, nicht den Strand unterm Pflaster, nicht das Antlitz überm Pflaster, mit Kreide gemalt, den Regen fürchtend, auch nicht das Harte unter dem Weichen, nicht das Nachgiebige, jetzt ohne Geber, die Geber geben andren, noch lieber nehmen sie, aber ihm geben sie mehr, sie machen ihn groß wie sein Land, nein, größer, das Land quillt über von ihm, der über die Menschen gestellt worden ist, ein Auserwählter, ein Gott in Menschengestalt; sie geben Gebete, daß auch das Land noch größer wird, aber da ist nur noch Wasser, wo es endet. Wer hat das Größte? Das Land ist beinahe ausschließlich von Wasser umgeben, und dort, wo es hart bleibt, unerbittlich, unergiebig, dort kommt bald eine Mauer hin, wartet nur, balde, ein Zaun, der es stützt und liebevoll umgrenzt und in Sicherheit wiegt. Da geht noch mehr! Das liebe Land, so viel hat es aushalten müssen, jetzt hat es ausgelitten, jetzt kommt der Gral auf den Hügel, wo er immer schon hingehört hat, zu dem Einen, den sie alle meinen, doch getragen von vielen, die längst ins Ausgedinge gehören, wie Dinge, da, die Menge ist unübersichtlich, nein, sie ist unüberschaubar, Blicke werden abgeworfen von ihr. Blicke werden nicht zurückgegeben, sie müssen erst gewechselt werden, damit jeder es in kleiner Münze bekommen kann, was ihn auch nicht größer machen wird. Die andren können gleich aufs Fundamt gehen, Blicke gibts dort keine, Blicke werden behalten, die Menge ist unter sich. Die Menge schreit jetzt wie ein Tier, das aus dem Käfig will. Die Feinde, die feindlichen Fürsten sind zurückgedrängt hinter eine Staumauer, die Krieger, sie vertilgen einander, sie versuchen es, wie ist dieses Bild mir doch lieb!, so oft konnte ich es schon brauchen, daß zwei Schlangen einander gegenseitig auffressen! Noch ein letztes Mal: Her zu mir! Meine Mama hat mir verboten, mich zum Streit zu erheben, erst bis ich wiederkehrend ihr in die Augen blicken werde, darf ich wieder kämpfen, mit noch besseren Waffen, die wird sie mir beschaffen.

 

Noch mehr Wasser, die Blicke der Delegierten, schweren Fußes kamen sie daher, leichteren Fußes gehen sie wieder, sie rutschen aus, bevor sie noch ihr Ziel erreichen können. Wie die Kugel. Den Boden berühren müssen sie alle. Schirmkappen beschirmen nicht länger, sie wandeln auf den Häuptern dieser Menschen und trachten, schadend hie und da, der Sterblichen möglichst viele zu erwischen. Und wenn sie dazu wieder auf den Hügel müßten, das nehmen sie auf sich, so wie die Menschen auf sich setzen, diese Menschen setzen ja immer auf sich und auf ihren Stellvertreter auf Erden, den Gott. Darunter tun sies nicht. Es wird so getobt, in einsamer Qual, mit Gewalt ausgestoßen werden die gierigen Blicke jetzt, sie wollen etwas dafür bekommen, daß sie heute hier sind, daß sie sich hier verausgaben, daß sie mit Worten und Kampfgebrüll die anderen schrecken. Es sind nur Worte, aber welche! Ausgesuchte Worte, die andre vor ihnen ausgespuckt haben. Sie heben sie auf und glauben, sie selbst hätten sie verloren. Rufe wie aus Geiern ertönen, Adler stimmen mit ein, denen man die Jungen geraubt hat, die nehmen es vom Lebendigen. Gleich ziehen sie wieder einsam ihre Kreise hoch über dem Horst, wo jetzt ihr Schicksal entschieden wird.

 

Wir armen schreienden Jungen, nicht einmal den Schrei wird man uns noch gestatten. Den Schrei hat die Kugel mitgerissen, doch dieser Gott erstirbt nicht, er muß gar nicht auferstehen, er steht immer noch, er holt jetzt erst recht Luft. Bitte noch mehr Luft! Auf ein Neues! Mit den Fittichen rudern wir hilflos herum, unter uns wohnt dieser Horst, wir sehen ihn manchmal im Stiegenhaus, auf der Treppe nach oben. Sie müssen zweimal klingeln!, bleiben Sie auf Ihrem Posten, bei Ihrem Mann! Beim zweiten Mal wird es erst richtig gemütlich. Unter uns dieses Loch, wann haben Sie zuletzt nachgeschaut, was unter Ihnen gemacht wurde?, oh Gott, du Überirdischer über uns, die ganze liebe Heimat ist in einem Loch versunken!, was sagt man dazu! So tun Sie doch was! Ein Loch, das wir nicht überblicken, den Blick in die Tiefe vermeiden wir, davor sich strahlend der Tabernakel mit dem einzigen Heiland erhebt, den wir jetzt wieder bekommen, einmal wurde er uns genommen, hier ist er nun wieder, in kleinen flachen Häppchen, als Hostie wird er verteilt, und das heilige Brot wird immer mehr, es wird vermehrt, je mehr es sich einverleiben; jeder kriegt was von ihm, nachdem der Herr ein paar Jahre verschwunden war, denn er wurde uns gestohlen, wir sagen es offen, man hat ihn uns genommen. Jetzt ist er wieder da. Ein paar Jahre mehr werdens für den Dieb nicht werden, das sehen wir schon, selbst wenn Nebel unsere Augen bewölken, weil sie uns dauernd benebeln wollen. Wir aber, wir aber sehen jetzt klar, wir stopfen uns unsre Gedärme wieder in den Leib, wir sehen den Gegner in seinem Blut sich wälzen, so wird es gesagt. Aber wir sind doch ganz friedlich, wir greifen nicht an, wir werden angegriffen und müssen uns wehren, im Schoße der Menge ruht der Ausgang dieses Kampfes. Seien wir nicht kindisch! Aber wir sind doch Kinder, warum also nicht? Die Dornenkrone ist fortgenommen worden, der Gott ist jetzt kenntlich den vielen, die immer schon die Seinen waren, aber nicht wußten, warum. Er wird sich uns erkenntlich zeigen, auch denen, die ihn nicht anerkennen, die wird er ganz besonders kennen, die wird er sich merken. Das Hüten dieses Nests, Not und Müh der Brut – alles umsonst, die Schwingen rudern weiter, die Adler können nicht mehr landen, sie kommen zum Stillstand, sie haben ihre Heimat verloren an den ewigen Frieden. Den ewigen Frieden schaffe ich euch, sagt der Herr, nein, nicht dieser, der andre! Was ich euch zurücklasse, ist Frieden. Ich gebe euch meinen Frieden – einen Frieden, wie ihn euch die Welt nicht geben kann, nur ich kann das. Kein Problem. Ich wiederhole: Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch, und zwar überall, es wird überall ein ewiger Friede sein, der Hand in Hand mit Wohlstand gehen wird, die kommen ja immer gemeinsam, bloß ankommen tun sie nie. Nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch. Euer Herz sei nicht bestürzt, es sei auch nicht furchtsam. Ich gebe euch einen Frieden, den euch sonst keiner geben kann. Er wird ewig und überall sein, wo ich bin. Ich kann es gar nicht oft genug wiederholen.

 

Das werden wir ja noch sehen, ob das ein Frieden sein wird! Was sagt ihr? Noch sieht man es nicht? Der goldene Strom fließt im Frieden ruhiger dahin, die Richtung ist vorgegeben. Die Adler kreischen, euch kriegen wir noch! Die Adler werden gleich landen, treten sie zurück von der Grenze, sonst kriegen sie euch, sonst kriegt der Krieg euch, kriegt euch wieder ein!, und den wollt ihr doch nicht. Das Geld, das wir in den Krieg gesteckt haben, stecken wir jetzt in den Frieden. Der kriegt euch auch, aber woanders! Bleibt, wo ihr seid, sonst findet er euch nicht. Ihr steht falsch. Von Frieden keine Spur, der ist noch nicht angekommen. Wir können uns noch nichts ersparen. Das Wasser wird immer mehr, es schwillt an, dafür reden die Menschen nicht mehr so geschwollen daher. Sie sagen endlich, was ist, was Sache ist. Das haben sie immer gesagt, aber wir haben sie nicht verstanden. Doch fällt des Herrschers Würfel dorthin, wo er jetzt ist, nicht mehr rollt, nicht mehr schwankt er, seine Zahl zeigt eine Seite des Würfels, nur eine seiner vielen Seiten, alle können es sehen, wieviel es geschlagen hat, mit einer Hand können sie ihn fassen, den Würfel, oh könnten wir auch einmal fassen die geliebte Hand des stämmigen Herrschers, die ihn warf, der sich der Kugel entgegenwarf, der Herr vom Stamme Davids, nein, das nicht, andrer Stamm, eifriges Geschlecht, mit seiner Dreckschleuder steht er vor Gericht und wird dort verschoben ins Nie, ins Niemals, nein, das nicht, er hat sie nicht kommen sehen, diese Kugel, und er hat auch sonst nichts kommen sehen. Nicht den andern Kandidaten, der schon wieder geht, es gefällt ihm nicht, was er sonst noch vorgehabt hätte. Doch schon als der Unsrige sie taumelnd gehen sieht, die Kugel, weiß er, was er draus machen kann. Er kann Pflüge und Eßbestecke draus machen. Er kann Waffen machen für zu Hause, für Gewalt, die man auch von zu Hause ausüben kann. Aber das macht er nicht. Jedem seine Kugel, das kann er machen. Das geht. Es wird euch allen noch die Schuhe ausziehen. Er wird seine anziehen, immer wieder anziehen, so kommt es ihm vor, bis, umgekehrt, endlich ein Schuh draus wird. Er ist noch verwirrt, die Geschwader blasen ihm ins flaumige Kükenhaar, die Kugel nimmt vielleicht etwas mir, etwas vom Fleisch seines Fleisches, nicht viel, nicht einmal ein Zehntel von dieser guten Haut. Im Laufen ist er nicht der Schnellste, er ist kein Achill, das nicht. Er nimmt sich eher Zeit, für jeden kleinen Ball nimmt er sich Zeit, ihn gut zu placieren am Tisch, den er selbst gedeckt hat, nur für sich. Der Ball war im Sand, jetzt ist er das nicht mehr. Der Adler weint jetzt, er weint um seine Kinder. Er, der alte neue König, weint nicht, sein Fleisch hält es aus, das hält ab sofort alles aus. Sieht man ja. Seine Träume muß er nicht mehr besuchen gehen, sie verwirklichen sich jetzt selbständig, stehen da vor ihm, er sieht: Das sind ja gar keine Träume!, das sind die Leichen von Menschen, um die klagend andre Menschen stehen. Das wird er beenden, beenden wird er Gewalt, die doch niemandem nützt. Es ist egal. Er beendet gern Sachen, weil er nicht gern arbeitet, ich sag, wies ist. Warum sage ich nicht alles so? Keine Ahnung. Aber immerhin, dann wird er sich nicht mehr warm anziehen müssen, er wird nackt bleiben, der Kaiser, es stört uns nicht, ist bequemer so, wenn wieder ein Unglück enthüllt werden soll, vor dem wir dann, sprachlos und kalt, stehen. Diese Fahnen klirren nicht, sie gehen auf Zehenspitzen durch die begrünten Vorgärten! Und dann stehen sie da, aufgepflanzt. Denn das alles handelt von uns, die man nicht stören soll. Dieser Herrscher pflanzt doch uns! Und/oder. Wo haben wir den Katalog mit dem bösen Saatgut bloß hingetan? Hat der etwa schon alles ausgestreut? Er ist uns ja immer mindestens einen Schritt voraus.

 

Ganz fest gehn die Lider zusammen im Schlaf, der wieder mal Ungeheuer gebären wird, raktaktak, da kommen sie schon!, nein, das sind sie noch nicht, das ist ein Mann, der die Wocheneinkäufe in den Kofferraum lädt und seine Frau dann vorne hineinsetzt, damit er weiß, wo vorn überhaupt ist. Dorthin muß er fahren. Dort gehts lang, wir haben die Frühstücksschneeflocken vergessen! Wir müssen noch mal zurück! Hoffentlich sind sie noch nicht geschmolzen! Das Lächeln dieses Gottes heitert keine Stirn auf, genau über den Augenbrauen zürnt er, das sehen wir doch, durch Worte und durch Gewalt, durch die Gewalt der Worte, durch Gewalt ohne Worte, durch Worte oder Gewalt, so stimmt es, jetzt kann er in sich selbst herumwaten, es spritzt, und wir haben keinen Spritzschutz angelegt, jetzt müssen wir uns also vermehren, das haben wir eingeplant und eingepreist, Ruhm und Preis!, egal, was wollte ich sagen? Durch seine Reden halt passiert irgendwas, keine Ahnung, es passiert was, es passiert garantiert noch was! Noch sieht er fern, noch sitzt er fern und bekümmert, ob das Ohr hält, ja, es hält, es hält das Geschrei fest, der Herrscher hört sich nun selbst nicht mehr sprechen! So sehr halten seine Worte an ihm fest, daß er sie gar nicht mehr hört, er läßt sie fallen wie heiße Kartoffeln. Die Menge fängt alles auf, und sie fängt alles ab. Sie umhüllt ihn mit Soße, er ist ihr Hauptgericht, ein Gericht hat es ja bestätigt. Und ihr? Was macht ihr noch hier? Ihr müßt jetzt dulden, welches Übel er euch auch sendet, ihr müßt auch größeres Unglück dulden, hört ihm doch zu!, er spricht wie im Schlaf, wie sein Kontrahent, der ihm nicht mehr Kontra geben kann, er ist zu schwach, zu alt, zu krank, er ist gar nichts mehr, er ist gar nicht mehr da. Der Herr hat seinen Gegner verloren, den Knecht. Sie finden ihn derzeit nicht. Wie finde ich denn das! Der König sagt, er kommt jetzt ganz bestimmt wieder, jetzt erst recht!, er wird sich aber auf dem Weg zurück, der kein Rückweg sein wird, möglicherweise leicht, um ein paar Grad, Länge mal Breite verirren. Den neuen Gegner erkennt er gar nicht, er weiß aber, daß dieser Gegner wahnsinnig ist, komplett verrückt. Das sagt er, ja, genau, er sagt es von einer Frau: eine gackernde Irre, genau das ist sie und bleibt sie! Der Adler kreischt schon wieder, und die Schreie der Menschen folgen ihm nach, es herrscht der ungeheure Lärm, den wir längst kennen. Es ist alter Lärm, der uns nicht beunruhigt.

 

Bei der letzten Kreuzigung haben sie das Ereignis versäumt, jetzt aber sind sie dabei. Sie sind Zeugen und werden dem König auf ihrem nächsten Gang schon begegnen, die Jünger werden ihm begegnen und ihn erkennen oder auch nicht. Sie sprechen über alldas, was sich ereignet hat, und während sie reden und schreien, daß sie ihr eigenes Wort nicht verstehn, und sich austauschen über alles, was sie sonst alles noch nicht verstehen, alles, das sich überhaupt ereignet hat, am Kreuz und drunter und drüber, was dort passiert ist, währenddessen reden und schreien sie weiter, weh, ihr Geschrei hängt über ihren Häuptern, die davon schwer werden, ja, wenn Sie schon fragen: Die weiße Taube für den König kam an, schon wieder weg ist sie jetzt mit der Post, gleich können Sie es lesen, schade, wir hätten gern ein Selfie gemacht, besser viele, damit jeder weiß, der König war hier, und die Jünger werden je eine Schirmkappe erwerben mit seinem wunderbaren Spruch, daß er wiederkommen wird, das Land groß genug für ihn jetzt und noch mehr Grundfläche für seine Schuhe auch da, die Schuhe keines Fischers, einfach nur Schuhe, falls er sie je finden wird, ein Wunder!, denn da ist er ja schon, die Schuhe sind auch bereits anwesend, die zieht sich kein andrer an! Da war er jedenfalls, er kann leider nicht überall sein. Seine Anhänger sind enttäuscht. Er ist jetzt nämlich woanders. Immer reisen muß dieser Mensch, von Auferstehung zu Auferstehung, man muß ja die Uhrzeit beachten, an der einen Küste ist sie eine andre als an der andren. Daher muß er öfter auferstehen. Kein Problem. Das versteh ja sogar ich! Bei uns ist Tag, während ihr noch umnachtet seid! Und jetzt wird er seine Jünger durch die Menge sicher geleiten, die sich vor ihnen selbst teilen wird, andre sind ja nicht mehr da, die sind nicht mehr reingekommen. Der Kreuzzug ist zu Ende, jetzt wird einmal ordentlich gekreuzigt.

 

Die Hirten der Völker stehen auf, der König wieder mal nicht darunter, der kommt aber noch. Er hütet separat, er hat seine eigene Herde, die ihn jeden Tag mit dem Fahnengruß grüßt. Er ist bei den Wölfen, er ist nicht bei den Schafen. Warum ein fremdes Volk retten, wenn das eigene niemand vor seinem Herrscher rettet? Das ist sein erstes Ziel, denn er muß es nicht schützen, sein Volk, das den Schützen doch auch stellte. Dieses Volk kann das. Der Adler kreischt dauernd, niemand sagt Halt, keiner sagt ihm was, einer muß doch Halt sagen! Aber der überfährt ja alles, jedes Haltesignal. Irgendwo kracht es jetzt wieder mal ordentlich. Keine Ahnung. Nein, niemand da. Wieso, sie sind doch alle da, wieso niemand? Niemand wird mehr gebraucht, daher ist er auch nicht da, der große Beutegreifer im Gebirg. Dieses Glücksgeschehen stoppt niemand mehr, stoppt ein Niemand nicht mehr. So steht er da, der Himmelsfürst, die goldnen Locken überdecken alte und neue Verwundung, er ist nicht verwundert darüber, daß er nicht einmal verwundet ist. Nur ein winziges, aber entscheidendes Stück, es fehlt doch sehr. Die edelsten Führer jetzt um ihn, eine goldene Schar, längst vergoldet, ja, auch der Panzer um die Brust, ja, meinetwegen auch der Busch auf dem funkelnden Haarhelm. Um ihn stehen sie und er, gleich kommt er, gleich einem verwunderten, nein, verwundeten Gott in der Mitte. Als der Arzt, rasch herbeigerufen, vielleicht schon zur Sicherheit die ganze Zeit anwesend, die Wunde der sausenden Kugel erblickt, saugt er ihm Blut aus, nein, er saugt kein Blut aus, das überläßt er andren Blutsaugern, die unsere Arbeiter entkräften wollen, mit uns nicht!, mit uns hat man keine Wahl, mit uns gewinnt man sie erst! Der Verband der Reichen, die aus ihren Nadelöhren gekrochen kommen und sofort in Paläste gehen, in Palästen ein und aus gehen, wie gewohnt, dieser Verband wird jetzt weggerissen, geben Sie sich einen Ruck!, und schauen Sie, darunter haben die schon alles weggefressen! Bis auf den Knochen! Sie gehen nicht durch, die gehen uns nicht durch, wir wissen ja, wo sie wohnen, dort kommen wir nicht hin, wir kommen dort nie hin, wir spielen nicht, aber essen müssen wir schon noch. Es werden Tickets ausgegeben, den Schweiß riechen wir, das Keuchen hören wir bis hierher in unsre Keuschen, der Wut der Genossen entflammt und muß gelöscht werden, wir kommen sonst zu spät zum Anschauplatz, wo wir gewogen werden, damit der Herr uns gewogen bleibt. Wen wird er sich heute kaufen? Einen, der Adlern sogar noch die Kinder raubt?, einen, der auch ihnen das Weiße aus dem Auge stehlen wird?, haben Sie sich die neuen Fotos von ihm schon angeschaut? Nein, das wird er nicht machen, er wird sich niemand kaufen, er hat ihn schon. Übertreiben Sie nicht so!, im Gegenteil, er wird im Gegenzug geben, er wird alles geben, das hat er eigentlich gar nicht nötig, doch er wird geben, weniger, als er hat, ich weiß nur noch nicht, was! Die einen verbünden sich mit den andern, es wird verbündet, es werden ganze Bünde verbündet, es werden Bündel geschnürt: ab, unter die Brücke, ins Zelt unterm Himmelszelt! Die sind jetzt alle ein einzigartig einiges Volk, das sich selbst groß gemacht hat, damit dieser Herr einen Lande-Platz hat und sich nicht verfährt, sondern mit uns gnädig verfährt. Und dann muß der Herr natürlich den Boden unter sich größer machen, okay, seine Reichweite auch, damit er sieht, wo er diese blöden Schuhe wieder hingetan hat. Damit sie alle draufgehen, seine Anbeter auch, mittendrin natürlich er. Damit das Land endlich groß genug ist für diejenigen unter ihnen, die es größer haben wollen und größer auch gemacht haben, damit sie alle reingehen, damit sie alle dort reingehen, wo der König schon ist, damit sie alle ruhig, ohne zu murren, in den Schlachthof geleitet werden, zum letzten Schlachten, wo brüllend das Vieh ausatmet und nicht mehr ein-. Ja, manche, die weder hören noch sehen können, denen es vergangen ist, die haben dafür ein Verständnis für Rinder und wie man sie am besten umbringt, damit sie Ruhe geben vor der ewigen Ruhe: unterwegs im Auftrag der Rinder, des Viehs mit der Stimmgabel, die es anschlägt, lesen Sie die Anschläge!, dies hier war auch einer, ein Anschlag!

 

Allein weil sie da sind, haben sie das gemacht, haben sie das machen können, was? Keine Ahnung. Ach ja, das wars: Macht das Land größer, macht es so groß, wie es immer schon war, nur habt ihr es damals nicht gemerkt! Jetzt macht es doch endlich größer, macht schon, mindestens so groß, wie es einmal war, so muß es wieder werden! Ihr habt den Schlaf so lange abgewehrt, jetzt hat er euch in den Schlaf gesungen, er hat euch endlich heimgeleuchtet, mit Blaulicht heimgeleuchtet ins Spital auch sich selbst, nur kurz, egal. Eine kleine Traube von Menschenschützern hängt an ihm, um ihn vor einem Menschenfischer zu bewahren. Doch nur er hat die Köder. Er wird alles richten. Zitternd vom Schreck und nicht unwillig zu streiten ist der König jetzt, er eilt rüstig zur ehrenkrönenden Feldschlacht vor die Kameras, doch keiner ist da, weil sie alle schon die ganze Zeit dagewesen sind und, bis an die Seele verwundet, weil keiner auf sie hört, so laut geschrien und geschrieben haben, als hätten sie eine Lanze in sich stecken, jeder seine eigene. Wo geredet wird, fallen Späne, es wird jedoch nicht mehr geredet, es wird auch nicht gehandelt, es ist vorbei. Die Späne sind geschichtet, die Anhänger sind geschlichtet, das Feuer brennt. Die heilige Handlung läuft, doch es ist vorbei. Es hat sich nichts gewandelt, es ist keiner übers Wasser gewandelt. Es ist bloß entschieden. Es ist alles vorbei. Die Adler packen ihre Picknicktaschen und fliegen fort, unter bedauernden Blicken aufs leere Nest, bauen sie sich halt ein neues. Einer wird schon drüber wachen.

 

Es war alles umsonst, aber nicht gratis. Die Schlacht um den Hügel, die Schlacht auf dem Hügel, das leuchtende Zeichen der Gottheit, alles verschwunden, das goldene Haus weg, die Schmach, gewonnen und doch verloren zu haben: verschwunden. Alles weg. Die Dornenkrone weg, dafür ein Pflaster am Ohr, so groß, daß es die hinteren Reihen noch sehen und sich selbst eine kleben, sich rechtzeitig für die Feldschlacht, die Schlacht ums Feld, bereit machen können. Ihr Lauf wird Breschen in diese Brachen schlagen, wo längst kein Leben mehr ist, in Wiesen, in Autobahnen, was steht ihr so tatenlos herum, ihr Geier? Und ihr Adler, was ist mit euch?, los, macht schon! Brecht auf, brecht auf, was verschlossen war, die letzten Bastionen, brennt sie nieder, es ist jetzt alles eins. Schamlos und doch furchtsam erstarren die Söhne des Landes, welche von diesen eilenden Läufen über die zu gemächlich gemähten Wiesen ermüdet sind, die letzten von ihnen stehen schon wieder auf, die vorderen Reihen kommen auch noch dran, die Reihen marschieren, die saftigen Weiden, die eifrigen Wiesen sind auch nicht faul, doch der Schnitt wird sie demnächst erwischen, bald. Ja, die Söhne auch. Sie durchlaufen die Städte, welche ebenfalls müde sind von allem, was ihnen jeden Tag angetan wird, und in der Nacht erst! Doch keiner schlafe! Sie können müde sein, sie dürfen ruhig müde sein, auch unaufmerksam, ein Gott wird für sie denken, doch schlafen dürfen sie nicht, noch nicht, der Gott wird Bäume pflanzen, er wird sie alle pflanzen, und wenn er es nicht kann, wird er den Garten abgeben an noch stärkere Ackersmänner dahinter, Sie dürfen nie dahinterkommen!, deren Stellvertreter er ist: der Stellvertreter von Vertretern, deren bunt glitzernde Sachen im Musterkoffer er nicht versteht, er versteht gar nichts davon, wirklich nichts, wie soll er sie da verkaufen! Immer noch müde vom schnellen Lauf? Von Mut und Stärke verlassen? Dann können sie genausogut ihm folgen, es ist ja kein andrer da. Am Ufer des Meeres die Menschen, die selbst wie das Meer sind, das jetzt uferlose, es gibt keine Grenzen mehr für sie, sie sind alles, sie sind alle, sie dürfen alle andren auch noch spielen, meinetwegen auch die Adler, die wenigen, die noch fliegen können, von der Mehrheit gejagt, die durch die Wälder streift mit den Flinten. Von denen hört man ja nichts, von der schießenden Mehrheit hört man ja nichts. Von ihr hört man oft, aber keiner hört zu. Die es selbst gesehen haben, hören schon gar nicht zu, sie kennen das bereits, sie erinnern sich vergangener Zwiste, lassen aber das Vergangene gern fahren, wohin es will, wiewohl betrübt sie sind, daß jetzt, außer ihren Nachbarn, niemand auch nur streiten will mit ihnen. Wird sie diese Rede beschützen? Werden sie von diesem mächtigen Redner beschützt werden? Nein. Diese Rede wird sie nicht beschützen, sie brauchen auch gar keinen Schutz, sie sind ja alle, sie sind alle für den Herrscher, egal, was der sagt. Genau, es ist, wie ich prophezeite: Da geht einer am Ufer des Meeres, der entsagte dem Zorn gegen die Hirten der Völker, doch die Völker sind ihm ganz wurscht, das sag ich. Nur dieses eine halt nicht. Fürchterlich schreiend erregt es die Aufmerksamkeit seines Herrschers stets aufs neue, den die Wunde längst nicht mehr schmerzt. Sie sind viele, sie sind fast alle, sie haben sich mit ihrer eigenen Stärke gegürtet, die Hose rutscht trotzdem. Sie gehen sortierend und ordnend durch die Reihen der Krieger, die sie selber sind, sie sind ihr vorderstes Glied, sie rüsten zum Endkampf, der Termin steht schon fest, er wurde ihnen genannt. Die Vorkämpfe nicht mehr nötig, gegen wen denn bitte, gegen wen noch vorkämpfen, wenn der Hauptkampf schon gewonnen? Gegen wen war bitte der Hauptkampf? Das müssen Sie sich nicht merken. Der ist doch gar nicht mehr nötig! Dieser neue Gegner wäre doch gar nicht mehr nötig gewesen! Eine Frau, was ist das schon! Die lassen wir vorbei samt ihren fliegenden Worten, die uns nicht erreichen. Kein Wagen muß mehr angespannt werden, kein Muskel, nach keiner Rüstung muß gegriffen werden, Zorn muß nicht mehr erzeugt werden, Stärke auch nicht, wir produzieren jetzt den Streit, ein neues Produkt, das wir anbieten, das aber jeder schon von zu Hause her kennt, und dann exportieren wir ihn, dann exportieren wir den Streit einfach, bis er das Land überzieht mit seinem geblümten Überzug, so daß keiner mehr drunterschaut, was da ist, und es für Frieden hält, was da ist, denn Frieden hält nicht von selbst, er muß gehalten werden, damit er nicht im letzten Moment noch hinfliegt. Zu blöd, daß wir den auch noch halten sollen!

 

Dunkelgelockte Erdumgürter, ja, ihr: Zieht euch zusammen, macht sie zu, pfeift auf die blöde Schnalle hier!, die seht ihr gar nicht!, laßt euch nicht einengen, strömt hervor! Zum König der Schatten eilt, bis ihr selbst Schatten seid, das neue große Heer – nur Schatten. Wir erzeugen jetzt nur noch Schatten in unseren Schattenfabriken. Bis in die hintersten Reihen sollen sie kämpfen, die Schatten, aber vorne schon auch. Ja, bitte! Sie sollen erst mal gegen die Sonne kämpfen, ohne die es sie aber nicht gäbe. Es ist aber doch so heiß! Jeden Tag diese Hitze! Um jede Stimme kämpfen nicht mehr nötig, er hat sie alle schon, die er benötigt, sogar noch mehr als nötig. Wir teilen ja alles, auch die Stimmen, und dann vereinigen wir sie wieder, wir werfen die Lose, diejenigen, die kein Schicksal haben, die machen sich jetzt eins, das Los hat gesprochen, wir alle sind die Gewinner, unseren Gewinn wird man uns noch mitteilen, noch warten wir, daß die Stimme ertönt, nachdem wir sie abgaben, jedem das Seine, jeder die Seine, rechtzeitig zum Abgabetermin, eine dröhnende Stimme, nicht von dieser Welt, sowas haben wir ja noch nie gehört! Wir alle sind überhaupt alle und nichts weiter. Alle von uns. Das genügt. Mehr nicht nötig. Der König der Schatten, das nächtliche Dunkel, der weite Himmel, in dem der König bald sein wird, jetzt zum Glück noch nicht, aber bald!, diese Wolke, die sich vor die Sonne geschoben hat, diese Wahl, die geschoben wurde, gegen den König, das wird uns nicht noch einmal passieren, es wird was andres passieren, ja, diese Luft gehört noch uns, und was wir noch nicht haben, das wird er uns zuweisen. Er wird uns anweisen, wem wir was zuweisen sollen. Er wird dafür sorgen. Er wird sich nicht um uns sorgen, doch er wird für etwas sorgen, das er noch nicht bekanntgegeben hat. Wie geht es ihm überhaupt? Hat er eine neue Botschaft für uns? Meint dieser Mann es ernst mit uns? Hat diese Nahtoderfahrung ihn irgendwie verändert? Was wissen wir noch nicht? Was werden wir noch erfahren? Wir befinden uns schließlich in einem Kampf des Guten gegen das Böse, je nachdem, wo man steht. Die Kämpfer stützen sich schweratmend auf ihre Waffen, es schmerzen noch die Wunden, doch es war für eine gute Sache. Es hat sich ausgezahlt, jetzt werden andre bezahlt und wieder andre bezahlen. Wiederum andre sind angezählt. Zuletzt kommt der König der Menschen in den Saal, den Ort der Versammlung. Wer ist getroffen worden? Wir haben etwas läuten hören. Ist der Menschensohn etwa gegangen und als König zurückgekehrt? Wir wissen doch noch gar nicht, wer gewonnen hat! Oje, dieser Kampf, der zerreißt uns noch, mit Händen zerfetzen wir uns die Brüste. Wer schüttet Wasser auf uns, um uns auszulöschen? Was sagt dieser Mann Gottes? Das interessiert uns brennend. Alle gemeinsam haben wir die brennende Erde und einen hohen brennenden Berg voller brennender Bäume, nein, nicht hoch, ein Hügel nur, den wir erklimmen, immer wieder erklimmen mit unseren Rucksäcken hinten und der Wut vorn und der Waffe etwas mehr seitlich. Wir waren schon oft oben, den Weg finden wir inzwischen im Schlaf. Der Herr muß nur noch kommen. Willkommen! Wer bist du, der Unsterblichen Bester, der uns ruft, der uns fragt. Das muß er nicht, wir sagen brennend ja. Bis wir zu Sinnen gekommen, sagen wir halt, immer noch brennend: ja.

 

 

 

Na ja, die Ilias konnte ich dafür schon recht gut brauchen!


Veröffentlicht am 18.08.2024 auf elfriedejelinek.com