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2024

ENDSIEG

Miss Piggy als Polyhymnia, Kermit auch als irgendwer, hinter ihnen ein alpenländisches Marterl. Ein Gedicht wird aufgesagt, nämlich dieses:

Schauen Sie sich nicht um! Ihnen folgt ein Zug von schwarzen Schiffen, aufgetakelt mit Fahnen, aufgetakelt die Frauen, die schönen rollenden Wellen gehts hinauf, der Herr macht sie groß, größer denn je, die Frauen machen das auch, und so sollen sie alle miteinander auch bleiben, vollkommen das Volk, immer vollkommen, immer willkommen. Es sagt, was es will, es sagt es uns schon, nur keine Sorge. Und schau nur: Sie bleiben alle miteinander droben, sie bleiben oben, sie haben den Kopf wieder über Wasser, im Schaum, den sie absondern, der ist ihr Element, sonst gingen sie spurlos unter. So, jetzt wissen wirs schon: Sie sind nicht untergegangen. Es darf auch bleiben, was war, das Volk, es wird wieder sein, alles Schaum auf den Wellen, die kommen und nicht wieder gehen, so vergänglich die Menschen, an denen man sich vergeht, doch die vergehen auch von selbst. An den Ufern türmt es sich bereits, das Meer der Unterdrückten, die endlich wieder selber drücken dürfen, von unten nach oben und dann, erst recht, von oben nach unten. Von wo gedrückt wird, dort ist das Volk. Wir sind dort. Jetzt werden wir bald freier, sicherer, gesünder werden! Der Herr wird bald kommen, oh, ich sehe, er ist sogar schon da!, ich habe mich nicht geirrt, ich habe doch die Tür gehört!, dieser Herr, der es umarmen und küssen wird. Welcher Dämon hat es so grausam zerstört, dieses Volk? Einen Dämon haben sie gar nicht gebraucht. Doch sie haben ihn bekommen, im Westen, da nahen sie, hinter dem beschneiten Fels hervor. Die Angeführten. Der Druck wird weitergegeben, von allen Seiten, sie werden alle noch mit Wehgeschrei erwachen. Sie sind schon erwacht. Es rollt, die Welle rollt. Das gewaltige Gespann des Wassers, es rollt brüllend daher, ist nicht mehr zu bändigen, nicht mehr aufzuhalten, wer hätte das gedacht. Na, ich hab es mir fast schon gedacht. Und es ist wahr geworden.

 

Jetzt sind es bereits mehrere Völker, alle friedlich jetzt und freundlich, wir werden keine Verteidigungsgräben mehr brauchen, auch nicht vor Gericht, und es sind an die tausend Schiffe mit Gläubigen, die das Wasser durchschneiden, umpflügen, sich selbst hineinsäen, gut umrühren, um auch die Massen zu rühren. Ja, die Massen sind auch alle gekommen, ihr stammverwandtes Blut haben sie mitgebracht, damit es nicht von Fremden verunreinigt wird für das neueste Waschmittel, das die Probe besteht. Tief liegen die Boote, tief fliegen die Flieger. Eine Kugel pfiff, und alle folgten ihr, alle, auf die jetzt wieder mal gepfiffen werden kann, nur wissen sie es noch nicht. Ein Schiedsrichter hat den Startschuß gegeben und dann gleich wieder abgepfiffen. Der Sieger stand ja fest. Alle haben es gewußt.

 

Der Palast dröhnt von Tritten, hin und her. Wie es war zu aller Zeit, so bleibt es in Ewigkeit. Die Ewigkeit bricht jetzt an, mit Datum heute, setzen Sie es ein, das Datum!, es ist jeden Tag ein andres, ungültig vor jedem neuen Morgengrauen. Die Augen drehn sich nach vorn, der Wange steigt die Farbe auf, es ist geschafft. Wer unten ist, bleibt unten. Eine harte Hand hat nach ihnen gegriffen, aus Wasser, am Sand, sie sind am Sand und denken, sie sind noch im Meer und werden vom Wasser gekost, machen Schwimmbewegungen, werden selbst Bewegung, überfluten alles. Ein Glitzern wie von Schneckenschleim, ihr Kreaturen, ihr freßt da meine schönen Blätter!, doch die haben sich mir schon zugewandt, auch die feindlichen, ihr tut mir nichts mehr, freßt mir aber die Haare vom Kopf! Was es gibt, wird jetzt an die Freunde verteilt, das einzige Menschengeschlecht, das es noch gibt. Freier, sicherer, gesünder! Reicher! Ich stemme mich dagegen. Mit mir nicht! Ich sage, es gibt nichts mehr. Es gibt sonst nichts mehr, es gibt nichts andres mehr, das Andere existiert nicht mehr, da gibts nichts zu schauen, nur den Einen gibt es noch, das Andre ist auch diesmal wieder dasselbe und bleibt es auch. Es ist wie gehabt. Es ist wie nichts gehabt. Diese goldene Krone auf diesem Haupt, welches dasselbe geblieben ist, wie wir waren vor aller Zeit, sie sitzt schon wieder fest, die Krone, ein verheerender Feuerstrom, der sich Friede nennt, Friede überall, ist bereits in Arbeit, die Nähmaschinen surren, das Fleisch schmilzt herab wie Fichtenharz. Oh weh! Dieses Gewebe frißt sich tief in unsre Haut.

 

Und auch die Kugel war so frei, sie pfiff vorbei und nahm ein Stück mit, mehr hat sie nicht gekriegt, das hatte sie nun davon. Alle wollen ein Teil von ihm haben oder ein Teil von ihm sein, nein, sie ritzte nur, die Kugel, sie schnitt es gern in diese Rinde ein, es ist jetzt eingetragen, die Stelle ist auf ewig markiert, und jetzt alle, die nicht leben, die das Leben nur markieren, indem sie überall, wo schon jemand war, aber auch im Nichts ihr Bein heben: die Menschen und ihre Häupter und dazu ihre Häuptlinge, ich kann sie hier nur anreißen, nein, lieber nicht, nicht ein Stück des heiligen Ohres fortgerissen vom Schwung der Kugel, die dahineilt, ohne sonst noch wohin zu müssen. Sie hat trotzdem einfach keine Zeit. Sie hat überall keine Zeit. Sie hat aber weiter nichts vor. Sie ist in Eile und kann nicht mehr viel bewirken. Es schüttelt einer sein staubiges Haar aus, das schneeblonde, die Blonden gewinnen, sie müssen gewinnen. Vorteil für Blond. Die Meister nicht nur in Deutschland, die Meister jetzt überall. Dein goldenes Haar, dein aschenes, Sulamith: Du hast verloren. Du bist gefeuert. Dein Fleisch ist nicht erwünscht hier und sonst auch nirgends. Der Mann wohnt jetzt im Haus, der Mann nimmt sein Haus in Besitz. Die Kugel wußte es schon vor ihrem Ziel. Ohne Pflaster sieht man nichts mehr, ob mit oder ohne Pflaster, keiner sieht etwas, nicht den Strand unterm Pflaster, nicht das Antlitz überm Pflaster, mit Kreide gemalt, den Regen fürchtend, das Verschwinden. Wir trinken Milch. Der Mann wohnt jetzt im Haus. Wir trinken jeden Tag Milch, weil wir es können. Und das Fleisch gibt endlich nach, es muß immer nachgeben, es hat ja nur sich als Schutz, das Nachgiebige, jetzt ohne Geber, die Geber geben andren, noch lieber nehmen sie, aber ihm, diesem Mann, geben sie mehr, sie machen ihn groß wie sein Land, nein, größer, das Land quillt über von ihm, und er quillt über die Ufer, er, der über die Menschen gestellt worden ist, ein Auserwählter, ein Gott in Menschengestalt; sie geben Gebete, daß auch das Land noch größer wird, damit man nicht so eng liegt im Grab, damit man Platz hat, aber da ist nur noch Wasser, wo es endet. Wer hat das Größte? Nein, dieses Grab wollen wir nicht, wir graben uns unser eigenes.

 

Das Land ist beinahe ausschließlich von Wasser umgeben, und dort, wo es hart bleibt, unerbittlich, unergiebig, dort kommt bald eine Mauer hin, wo es zu hart fürs Graben ist, dort gehen wir in die Luft, dort wartet nur, balde, keiner kann es mehr aufhalten, ein Zaun, der es stützt und liebevoll umgrenzt, das Land, und es in Sicherheit wiegt. Da geht noch mehr! Das liebe Land, so viel hat es aushalten müssen, jetzt hat es ausgelitten, jetzt kommt der Gral auf den Hügel, wo er immer schon hingehört hat, zu dem Einen, den sie alle meinen, doch getragen von vielen, die längst ins Ausgedinge gehören, wie Dinge, da, die Menge ist unübersichtlich, nein, sie ist unüberschaubar, Blicke werden abgeworfen von ihr, egal, wen es trifft. Blicke werden nicht zurückgegeben, sie müssen erst gewechselt werden, damit jeder es in kleiner Münze bekommen kann, was ihn auch nicht größer machen wird, nicht jeder kann groß sein, nicht jeder Gernegroß ist es. Die andren können gleich aufs Fundamt gehen, Blicke gibts dort keine, Blicke werden behalten, die Menge ist unter sich. Die Menge schreit jetzt wie ein Tier, das aus dem Käfig will. Und was die Menge will, das kriegt sie auch. Der Käfig ist offen. Die Feinde, die feindlichen Fürsten sind zurückgedrängt hinter eine Staumauer, die Krieger werden befragt, es trifft einen mit bleierner Kugel oder woraus sie halt ist, sie trifft ungenau, aber gut genug.

 

Sie vertilgen einander, sie fressen einander auf, sie versuchen es, wie ist dieses Bild mir doch lieb!, so oft konnte ich es schon brauchen: daß zwei Schlangen einander gegenseitig, beide aufgerichtet und ineinander verschlungen, einfach auffressen, einfach so! Noch ein letztes Mal: Her zu mir, alle! Aber wir sind doch schon da!, sagen sie, viel mehr haben sie nicht mehr zu melden. Keinem Volk mehr kenntlich diese Form, die es selbst schuf, das schöne Antlitz des Volkes, es trieft von irgendwas, ich sehe es nicht, von der Butter am Kopf?, von Blut?, von sich selbst besoffen? Nein. Meine Mama hat mir verboten, mich zum Streit zu erheben, erst wenn ich wiederkehrend ihr in die Augen blicken werde, darf ich wieder kämpfen, mit noch besseren Waffen, die wird sie mir beschaffen. Die hat sie mir leider nicht beschafft. Sie hat es nicht geschafft. Papa hat es geschafft. Schaffe, schaffe, Häusle baue! Damit wir alle unterkommen, damit wir alle um uns herumkommen. Wir trinken und trinken. Wir wischen uns den Mund ab. Wir putzen uns ab.

 

Noch mehr Wasser, die Blicke der Delegierten, schweren Fußes kamen sie daher, leichteren Fußes gehen sie jetzt wieder, das Ziel liegt schon hinter ihnen, zum Glück. Wie die Kugel. Schirmkappen beschirmen nicht länger, sie wandeln auf den Häuptern dieser Menschen und trachten, schadend hie und da, der Sterblichen möglichst viele zu erwischen. Und wenn sie dazu wieder auf den Hügel müßten, das nehmen sie auf sich, so wie die Menschen auf sich setzen, diese Menschen setzen ja immer auf sich und auf ihren Stellvertreter auf Erden, den Gott. Darunter tun sies nicht. Es wird so getobt, als wäre das Ziel ein andrer, ein andrer Arsch mit Ohren, in einsamer Qual, mit Gewalt ausgestoßen werden die gierigen Blicke jetzt, sie wollen etwas dafür bekommen, daß sie heute hier sind, daß sie sich hier verausgaben, daß sie mit Worten und Kampfgebrüll die anderen schrecken. Es sind nur Worte, aber welche! Ausgesuchte Worte, die andre vor ihnen ausgespuckt haben. Sie heben sie auf und glauben, sie selbst hätten sie verloren. Rufe wie aus Geiern ertönen, Adler stimmen mit ein, denen man die Jungen geraubt hat, die nehmen es vom Lebendigen. Gleich ziehen sie wieder einsam ihre Kreise hoch über dem Horst, wo ihr Schicksal entschieden wurde und jetzt entschieden ist. Es hat genau getroffen, es hat uns getroffen, wir waren das Ziel. Aber wir haben doch auf die andren gezielt! Das ist jetzt egal. Unselige Hände werfen das Schwert weg, der ewige Friede droht, dann bleibt nämlich alles, wie es ist, nur eben – noch mal, noch mehrere Male – freier, sicherer, gesünder.

 

Wir armen schreienden Jungen, nicht einmal den Schrei wird man uns noch gestatten. Den Schrei hat die Kugel mitgerissen, doch dieser Gott erstirbt nicht, er muß gar nicht auferstehen, er steht immer noch, er steht ja immer noch, man hat ihn beworfen, man hat ihn verworfen, doch er steht, er holt jetzt erst recht wieder Luft. Er holt sich eine ganz neue Luft, die aber die alte ist, damit jetzt endlich ein andrer Wind weht. Bitte noch mehr Luft! Hier ist sie schon! Auf ein Neues! Mit den Fittichen rudern wir hilflos herum, unter uns wohnt dieser Horst, wir sehen ihn manchmal im Stiegenhaus, auf der Treppe, immer nur nach oben. Wir sehen ihn nie, wenn er runtergeht. Aufwärts immer, abwärts nimmer. Wie die Zeit, vorwärts immer, rückwärts nimmer. Die Sonne ist schon verständigt. Sie ist so verständig, keinen Einspruch zu erheben, wenn es um ihr strahlendes Licht geht, was Schnelleres gibt es nicht! Sie müssen zweimal klingeln, aber nicht an der falschen Tür!, seien Sie achtsam, seien Sie nachhaltig, auch wenn es keiner merkt, bleiben Sie auf Ihrem Posten, bei Ihrem Mann! Stay by your man! Beim zweiten Mal wird es erst richtig gemütlich, Sie werden sehen. Unter uns dieses Loch, wann haben Sie zuletzt nachgeschaut, was unter Ihnen gemacht wurde?, oh Gott, du Überirdischer über uns, die ganze liebe Heimat ist in einem Loch versunken!, was sagt man dazu! Sollen wir das Loch woandershin bringen? Wo wollen Sie es haben?, Sie müssen es nur sagen! So tun Sie doch was! Ein Loch, das wir nicht überblicken, den Blick in die Tiefe vermeiden wir, davor sich strahlend der Tabernakel mit dem einzigen Heiland erhebt, den wir jetzt wieder bekommen, einmal wurde er uns ja genommen, hier ist er nun wieder, als Horst, nein, als Hostie wird er auch noch verteilt, trotzdem, das heilige Brot wird immer mehr, es wird vermehrt, je mehr es sich einverleiben; jeder kriegt was von ihm, nachdem der Herr ein paar Jahre verschwunden war, denn er wurde uns gestohlen, wir sagen es offen, man hatte ihn uns genommen. Jetzt ist er wieder da. Ein paar Jahre mehr werdens für den Dieb nicht werden, das sehen wir schon, selbst wenn Nebel unsere Augen bewölken, weil sie uns dauernd benebeln wollen. Wir aber, wir aber sehen jetzt klar, wir stopfen uns unsre Gedärme, nachdem wir sie von allen Seiten durchleuchtet haben, wieder in den Leib zurück, hier ist nichts mehr zu verdauen, es ist alles unverdaulich, sollen wir etwa den Dreck fressen, der hier herumliegt?

 

Wenden wir uns ab!, die Pforten des Trauerlands sind entriegelt, wir sehen hier den Gegner in seinem Blut sich wälzen, so wird es gesagt. Überall Gegner! Aber wir sind doch ganz friedlich, wir greifen nicht an, wir werden angegriffen und müssen uns wehren, im Schoße der Menge ruht der Ausgang dieses Kampfes. Die Menge ist wie eine Mutter zu sich. Die Menge ist eine Frau, welche die Menge ja erzeugte. Ohne Frauen keine schreienden Menschenmassen. Seien wir nicht kindisch! Aber wir sind doch Kinder, warum also nicht? Die Dornenkrone ist fortgenommen worden, der Gott ist jetzt kenntlich den vielen, die immer schon die Seinen waren, aber nicht wußten, warum. Also bitte, wir werden unsre Religion doch auch einmal erwähnen dürfen, nicht immer nur die andre, die so gern Leute umbringt! Natürlich steht dieser andere Gott, der Ihnen an jeder Ecke Frieden gegen Krieg wechseln kann, von dem er sich ernährt, öfter am Bildschirm, darf aber nicht gezeigt werden. Unserer, der Unsrige, wird sich uns erkenntlich zeigen, auch denen, die ihn nicht anerkennen, die wird er ganz besonders kennen, die wird er sich merken, die sind vorgemerkt, was aber folgenlos bleibt. Für unsren Gott muß sich keiner die Hände dreckig machen. Für den anderen müssen die Anhänger noch arbeiten, diese Koffer, die vom Band verschwinden, kaum daß es angelaufen ist. Die Anhänger stehen immer ganz vorn bei der Gepäckausgabe. Vor allen anderen. Kein Anhänger hängt an uns, die hängen alle an unserer Last, die immer wir allein schleppen müssen. Das Hüten dieses Nests, Not und Müh der Brut – alles umsonst, die Schwingen rudern weiter, die Adler können nicht mehr landen, sie kommen zum Stillstand, in der Luft stehen sie still, aber nicht stumm, und schauen, gell, da schaust!, sie haben ihre Heimat verloren an den ewigen Frieden. Sie schreien. Die andren Vögel heben ihre Köpfe zum Himmel. Mein Gott! Den ewigen Frieden schaffe ich euch, sagt der Herr, nein, nicht dieser, der andre! Was ich euch zurücklasse, ist Frieden. Ich gebe euch meinen Frieden – einen Frieden, wie ihn euch die Welt nicht geben kann, nur ich kann das. Kein Problem. Ich wiederhole: Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch, und zwar überall, es wird überall ein ewiger Friede sein, der Hand in Hand mit Wohlstand gehen wird, die kommen ja immer gemeinsam, kennen sich seit ewig, bloß ankommen tun sie nie. Man hat ihnen die Adresse verheimlicht, jetzt gehen sie halt los, wissen aber nicht, wohin, und verteilen irgendwas an irgendwelche, die dunkler die Geigen streichen. Nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch. Euer Herz sei nicht bestürzt, es sei auch nicht furchtsam. Ich gebe euch einen Frieden, den euch sonst keiner geben kann. Er wird ewig und überall sein, wo ich bin. Ich kann es gar nicht oft genug wiederholen. Aber bitte, das tue ich doch gern!

 

Das werden wir ja noch sehen, ob das ein Frieden sein wird! Was sagt ihr? Noch sieht man es nicht? Der goldene Strom fließt im Frieden ruhiger dahin, die Richtung ist vorgegeben. Die Adler kreischen schon wieder, euch kriegen wir noch! Die Adler werden gleich landen, treten sie zurück von der Grenze, sonst kriegen sie euch, sonst kriegt der Krieg euch, kriegt euch wieder ein!, und den wollt ihr doch nicht. Das Geld, das wir in den Krieg gesteckt haben, stecken wir jetzt in den Frieden. Ihr werdet schauen! Wir freuen uns schon so! Der Friede kriegt euch schon noch, aber woanders! Bleibt, wo ihr seid, sonst findet er euch nicht. Ihr steht hier falsch. Von Frieden keine Spur, der ist noch nicht angekommen. Wir können uns derzeit noch nichts ersparen. Das Wasser wird immer mehr, es schwillt an, dafür reden die Menschen nicht mehr so geschwollen daher. Sie sagen endlich, was Sache ist. Das haben sie immer gesagt, aber wir haben sie nicht verstanden. Sie sagen immer dasselbe, warum? Weil es stimmt! Ist doch wahr! Doch fällt des Herrschers Würfel dorthin, wo er jetzt ist, nicht mehr rollt, nicht mehr schwankt er, seine Zahl zeigt eine Seite des Würfels, nur eine seiner vielen Seiten, ja, er ist vielseitig!, alle können es sehen, wieviel es geschlagen hat, mit einer Hand können sie ihn fassen, den Würfel, oh könnten wir auch einmal fassen die geliebte Hand des stämmigen Herrschers, die ihn warf, der sich der Kugel entgegenwarf, der Herr vom Stamme Davids, nein, das nicht, andrer Stamm, andres übereifriges Geschlecht, mit seiner Dreckschleuder steht er vor Gericht und soll dort verschoben werden ins Nie, ins Niemals, nein, das nicht, er hat sie nicht kommen sehen, diese Kugel, und er hat auch sonst nichts kommen sehen. Nicht den andern Kandidaten, der schon wieder geht, eine Frau, die gehen ja immer, und es dauert endlos, bis sie mal kommt. Es gefällt ihm, was er sonst noch vorhat. Er hat jetzt alle Zeit der Welt, die ihm gehört. Doch schon als der Unsrige sie taumelnd gehen sieht, die Kugel, weiß er, was er draus machen kann. Er kann Pflüge und Eßbestecke draus machen. Er kann Waffen machen für zu Hause, für Gewalt, die man auch bequem von zu Hause ausüben kann. Aber das macht er nicht. Jedem seine Kugel, das kann er machen. Das geht. Es wird euch allen noch die Schuhe ausziehen! Er wird seine anziehen, immer wieder anziehen, so kommt es ihm vor, bis, umgekehrt, endlich ein Schuh draus wird. Geben Sie mir meine Schuhe, schreit er. Er ist noch verwirrt, die Geschwader blasen ihm ins flaumige Kükenhaar, die Kugel nimmt vielleicht etwas mit, etwas vom Fleisch seines Fleisches, sie nimmt nicht viel, dafür nimmt er jetzt uns mit, er befiehlt uns: Spielt auf nun zum Tanz. Im Laufen ist er ja nicht der Schnellste, er ist kein Achill, das nicht. Aber er ist ein guter Tänzer, er wiegt sich in sich selbst ein, er hat ein gutes Gewicht, welches sich auf der andren Seite der Waagschale befindet.

 

Es blitzen die Sterne, er pfeift seine Rüden, stolze Knaben, herbei. Er nimmt sich eher Zeit, er nimmt sich für jeden eine ordentliche Scheibe Zeit, für jeden kleinen Ball nimmt er sich Zeit, ihn gut zu placieren am Rasentisch, den er selbst gedeckt hat, nur für sich. Das Runde muß auch irgendwo rein. Neue Runde, in diesem Lokal wird keiner was sagen. Der Ball war im Sand, jetzt ist er das nicht mehr, der Ball ist nicht mehr der Ball, jedenfalls nicht dieser, der Sand ist nicht mehr der Sand, jedenfalls nicht hier. Hoppla, diese Kugel ist im Glas gelandet, lecker! Drei Kugeln nur für ihn, wo eine schon genügt hätte. Das Eis weiß ja auch, wohin es gehört.

 

Der Adler weint jetzt, er weint um seine Kinder. Er, der alte neue König, weint nicht, sein Fleisch hält es aus, das hält ab sofort alles aus. Sieht man ja. Seine Träume muß er nicht mehr besuchen gehen, sie verwirklichen sich jetzt selbständig, von selbst, machen keine Arbeit, stehen da vor ihm, er sieht: Das sind ja gar keine Träume gewesen!, ein Mensch wie er träumt nicht, er lebt auch im Schlaf, sogar sehr! Das hier, was ist das?, der Haufen, was ist das?, es sind die Leichen von Menschen, um die klagend andre Menschen herumstehen, weil sie nichts Besseres zu tun haben. Das alles wird er beenden, es muß doch alles, alles enden, nun muß sich alles, alles wenden, die Welt wird – ich wiederhol es ein letztes Mal, versprochen! – freier, sicherer, gesünder, schöner mit jedem Tag, man weiß nicht, was noch werden mag. So. Beenden wird er Gewalt, die doch niemandem nützt, seien wir ehrlich!, oder er wird sie gegen seine Gegner wenden. Sie sehen das doch auch so, oder? Es ist sowieso egal. Er beendet gern Sachen, weil er nicht gern arbeitet, ich sag, wies ist. Warum sage ich nicht alles so, weil es so ist? Keine Ahnung. Aber immerhin, dann wird er sich nicht mehr warm anziehen müssen, er wird nackt bleiben, der Kaiser, es stört uns nicht, ist bequemer so, wenn wieder ein Unglück enthüllt werden soll, vor dem wir dann, sprachlos und kalt, stehen. Diese Fahnen klirren nicht, sie gehen auf Zehenspitzen durch die begrünten Vorgärten! Und dann stehen sie da, aufgepflanzt, größer als die andren Pflanzen. Jetzt geschnitten für die Vase, abgeschnitten aus ihrem schützenden Gras. Denn das alles handelt von uns, die man nicht stören soll. Dieser Herrscher pflanzt doch uns! Und/oder. Wo haben wir den Katalog mit dem bösen Saatgut bloß hingetan? Hat der etwa schon alles ausgestreut? Er ist uns ja immer mindestens einen Schritt voraus.

 

Ganz fest gehn die Lider zusammen im Schlaf, der wieder mal Ungeheuer gebären wird, raktaktak, da kommen sie schon!, nein, das sind sie noch nicht, das ist ein Mann, der die Wocheneinkäufe in den Kofferraum lädt und seine Frau dann vorne hineinsetzt, damit er weiß, wo vorn überhaupt ist, damit er es sich merkt. Dorthin muß er fahren. Dort gehts lang, wir haben die Frühstücksschneeflocken vergessen! Wir müssen noch mal zurück! Hoffentlich sind sie noch nicht geschmolzen, die Frostis! Und Sie, Herr Gott, könnten auch einmal auftauen! Machen Sie sich locker! Das Lächeln dieses Gottes heitert keine Stirn auf, genau über den Augenbrauen zürnt er, das sehen wir doch, jeder sieht es, durch Worte und durch Gewalt, durch die Gewalt der Worte, durch Gewalt ohne Worte, durch Worte oder Gewalt und durch das beliebte Antifaltengift, so stimmt es, jetzt kann er in sich selbst herumwaten, es spritzt, und wir haben keinen Spritzschutz angelegt, jetzt müssen wir uns also vermehren, es gibt keine andre Möglichkeit mehr, wir müssen einfach mehr werden, das haben wir so eingeplant und eingepreist, Ruhm und Preis!, egal, was wollte ich sagen? Durch seine Reden halt passiert irgendwas, keine Ahnung, es passiert was, es passiert garantiert noch was! Jetzt ist es passiert. Noch sieht er fern, noch sitzt er fern und bekümmert, ob das Ohr hält, ja, es hält, ob das Ergebnis hält, ja, es hält, es hält das Geschrei fest im Genick und drückt es zu Boden, die vorhin noch obenauf waren, sind jetzt die Angeschmierten. So schnell kanns gehen. Geschieht ihnen recht! Warum schreien sie so? Der Herrscher hört sich nun selbst nicht mehr sprechen! So sehr halten seine Worte an ihm fest, daß er sie gar nicht mehr hört, er läßt sie fallen wie heiße Kartoffeln. Die Menge fängt alles auf, sie fängt alles ab. Sie umhüllt ihn mit Quatsch plus Soße, er ist ihr Hauptgericht, ein andres Gericht hat es ja bestätigt. Und ihr? Was macht ihr noch hier? Ihr müßt jetzt dulden, welches Übel er euch auch sendet, ihr müßt auch größeres Unglück dulden, hört ihm doch zu!, er spricht wie im Schlaf, wie sein Kontrahent, eine Frau, die wir uns weiter nicht merken müssen, die ihm nicht mehr Kontra geben kann und konnte. Er ist nicht zu schwach, nicht zu alt, nicht zu krank, nicht zu klug, nicht zu dumm, bitte, kommen Sie nur herein! Wer ist, was er nicht ist, der ist uns willkommen. Zum Glück wissen wir nicht, was er ist. Wir wissen nur, wen wir zum Herren machen wollen über uns.

 

Dieser Herr hat seinen Gegner verloren, den Knecht. Sie finden ihn derzeit nicht. Es ist egal, wir alle werden Knechte sein, alle reißen sich von den Knochen das welkende Fleisch, alt sind sie selber, und die Jungen sind jung, das wissen sie selber. Jeder ist, was er ist. Und es ist auch, was es ist. Hä? Wie finde ich denn das! Der König sagt, er kommt jetzt ganz bestimmt wieder, jetzt erst recht!, und da ist er auch schon! Er wird sich aber auf dem Weg zurück, der kein Rückweg sein wird, dafür jedoch Rückenwind hat, möglicherweise leicht, um ein paar Grad, Länge mal Breite wird er sich verirren. Den neuen Gegner erkennt er gar nicht, er weiß aber, daß dieser Gegner wahnsinnig ist, komplett verrückt. Das sagt er, ja, genau, er sagt es von einer Frau: eine gackernde Irre, eine grinsende Äffin, weiß nicht mal ihre Farbe auswendig!, dabei schaut sie doch ständig in den Spiegel!, sie sagt, es ist eine andre, wenn man sie fragt. Genau das ist sie und bleibt sie: eine andre! Nur mit weißeren Zähnen als wir. Bloß beißen können sie nicht. Der Adler kreischt schon wieder, und die Schreie der Menschen folgen ihm nach, es herrscht der ungeheure Lärm, den wir längst kennen. Er übertönt alles. Es ist jedoch alter Lärm, der uns nicht beunruhigt. Wir kennen und schätzen ihn.

 

Bei der letzten Kreuzigung haben sie das Ereignis versäumt, jetzt aber sind sie alle mit dabei. Sie sind Zeugen und werden dem König auf ihrem nächsten Gang schon begegnen, die Jünger werden ihm begegnen und ihn erkennen. Oder auch nicht. Einer legt bereits die Hand in die Wunde, wird aber weggezerrt. Von Wunden wollen wir heute nichts hören am Tag des Triumphs. Woran immer Sie gestorben sind, sagen Sie jetzt nichts, denn wir wissen es schon. Wir wissen, was Sie sagen und sagen werden, wir wählen selbst, und wir wählen uns also selbst. Wir haben uns selbst gewählt, wir mußten nicht einmal auf die Karte schauen. Wir sind Kinder, die zu blinden Alten sprechen, wir sind Alte, die zu tauben Kindern sprechen. Alle sprechen durcheinander, das Ergebnis ist aber dasselbe. Mit königlichen Geschenken wird der Sieger im Haus begrüßt, wir erblicken seinen Ruhesitz: Es ist keiner, es ist ein Drittes, wo nur einer sitzen kann. Auf ungeweihtem Boden im Götterhain sitzen wollen wir nicht, da sitzt außerdem schon er. Er führt und läßt uns ruhen, er ruht und rastet nicht, wie ein Gespenst, einen Spielzeugdrachen hält er seinem Gefolge in die Höhe, gleich wird der wegfliegen. Verfolger hat er keine mehr. Er ist der Herr des Geldes. Mehr kann man nicht sein. Das Geld kann aber immer mehr sein. Darfs ein bisserl mehr sein? Nein. Das Geld hat der andere, der Weltenräumer, der Fahrtenschwimmer ohne Fahrer, den er einspart, der hat das Geld. Stimmen zählen da nicht viel, Menschen zählen nicht, nur das Geld zählt, dessen Herr er ist, weil er sich dazu gemacht hat und dafür auch gemacht wurde, von dunklen Fremden, die wir nie kennenlernen werden. Sie halten die Hand unter seine Sohlen und stemmen ihn hoch, horuck! Wir müssen uns dabei natürlich nach den Bewohnern richten und ihren Willen tun. Die wollen das. Die wissen doch gar nicht, was sie wollen! Handeln oder zögern sie? Unsere Sinne, nein, nicht unsre, irgendwelche Unsinne sehen voraus: Man übergibt bald schon jene, die Schweres dulden, schweres Leid vom stammverwandten Blut erfuhren. Da kann man nichts machen. Diese Seherin trägt ihre neue Sonnenbrille voll Stolz, nur sieht sie darunter nichts. Die wirkt, es wirkt kein Gott hier, also machen wir uns unseren eigenen. Er ist aus durchsichtigem Glas, aber man sieht nichts. Seherin ist sie tapferer Kämpfe, ein sturmbeschwingtes Täubchen, das stößt zum Äthergewölk empor und weidet sich an dem Anblick der Kämpfe, dort weiden ihre Augen. Oder so. Aber sie sieht nichts. Was kann denn ich dafür?

 

Unser Verfolger dicht hinter uns, noch Gefolgschaft, doch bald gewiß unfolgsam, im folgenden „das Gespenst“ genannt, das einer an die Wand gemalt hat, aber größer ist er als der Chef, der derzeitige Sieger, der immer noch Bälle verfolgt, anstatt sich einmal umzudrehn, ein Vorgesetzter, der dem gesprochenen Wort nicht traut, der Tat auch nicht, der gleich persönlich vorbeikommen wird, um zu schauen, ob der treuer Verfolger nicht vielleicht Erfolg hat, nicht womöglich schon vor ihm, dem König, marschiert, dann muß er nämlich wieder zurück, mindestens einen Schritt zurück ins Glied. Unser Gefolgsmann also folgt vielleicht gar nicht uns, er folgt ganz andren, die sich nach ihm nicht einmal umdrehn müssen, auch nicht zweimal, sie wissen ja, er ist da. Die wissen immer, wo er ist. Wir drehen uns ebenfalls um und sehen nichts, wir sehen niemand und nichts, unser Verfolger also, der folgt einfach nicht, der will einfach nicht folgen. Ich habe keine Ahnung, wo der jetzt ist, aber ich weiß, daß er da ist.

 

Sie sprechen über all das, der Verfolger spricht aus dem Off, von draußen herein, er mischt sich ein, er sagt einem, seinem Chef, der es nicht versteht, was sich ereignet hat, und während sie reden und schreien, daß sie ihr eigenes Wort nicht verstehn, und sich austauschen über alles, was sie sonst alles noch nicht verstehen, alles, das sich überhaupt ereignet hat, am Kreuz und drunter und drüber, denn was dort passiert ist, das verstehen sie erst recht nicht: wie kann einer sich sowas gefallen lassen!, und währenddessen reden und schreien sie weiter, daß sie nicht nur ihr eigenes Wort nicht mehr verstehn, auch das des anderen nicht, das schon gar nicht, die schreien alle dasselbe, aber immer anders, mit Worten wollen sie andre Worte vergelten, das Antlitz des Herren, küssen können sie es nicht, also schreien sie; weh, ihr Geschrei hängt über ihren Häuptern, die davon schwer werden – ja, also, wo war ich?, weil Sie dauernd reinquatschen und mich Sachen fragen, die ich auch nicht weiß, aber bitte: Die weiße Taube für den König kam an, schon wieder weg ist sie jetzt, gleich können Sie es lesen, schade, wir hätten gern ein Selfie gemacht, besser viele, damit jeder weiß, der König war hier, er ist jetzt schon wieder da, nur weil er einmal bereits hier war, er ist hier und weg, und die Jünger werden je eine Schirmkappe erwerben mit seinem wunderbaren, einprägsamen Spruch, daß er wiederkommen wird, da ist er ja schon, und das müssen sie jetzt auf ihre Kappe nehmen, doch es lohnt sich gar nicht mehr, Jünger zu sein, wir werden alle nicht Jünger (ich schäme mich ja so, das zu sagen!), das braucht er jetzt nicht mehr, er muß nicht mehr jünger werden, ein Jüngerer steht ja schon bereit, dicht hinter ihm, er tritt ihm schon auf die Fersen, er ist mehr als bereit, durch den alten König hindurchzugehen wie ein heißes Messer durch morsche Knochen. Das Land ist groß genug für ihn jetzt und allezeit, es ist derzeit noch bereit, wie lange, das weiß man nicht; ob Jung oder Alt, alles seins, gehört alles dem König, und noch mehr Grundfläche für seine Schuhe auch da, er hätte sie gar nicht auszuziehen gebraucht, es sind die Schuhe keines Fischers, einfach nur Schuhe, falls er sie je finden wird, obwohl auf ihn doch geschossen wurde: ein Wunder!, denn da ist er ja schon, die Schuhe sind auch bereits anwesend, die zieht sich kein andrer an! Er aber. Da war er jedenfalls, das ist er schon wieder, wie macht er das?, wie macht er das?, er hat es gemacht. Er kann leider nicht überall sein. Seine Anhänger sind enttäuscht. Er ist jetzt nämlich auch woanders, nicht dort, wo seine Schuhe waren, sondern nur so woanders.

 

Er gehört allen. Schade, wir hätten ihn gern für uns allein gehabt, aber er gehört allen. Er gehört jetzt der Welt, wir erblicken diesen Ruhesitz, dort lassen wir ihn nicht ruhen, wir brauchen ihn noch. Wo er sitzt, da lassen sich auch andre nieder. Wollen wir wirklich einen schuldbefleckten Mann auf diesem Posten? Wir wollen und wir bekommen ihn auch, seine Schuld sehen wir doch gar nicht, die haben wir nie gesehen, nicht seinen verruchten Ehebund, als Einheimischen haben wir ihn gesehen, der nicht erlaubt, daß Landstreicher mithausen unter uns. Wir legen, auf ihn vertrauend, unsre Hand auf diesen guten Fang, wir hätten es vielleicht nicht getan, wenn er uns nicht gedroht hätte, daß wir ohne ihn nicht weiterkommen, nirgends mehr hinkommen, überall nur Schmerz sehen, und nur die Toten werden nicht berührt vom Schmerz. Alle andren trifft er. Er ist alt, aber alle andren trifft er, trifft er gezielt, Abschlag!, was glauben Sie denn?, denken Sie, Sie kriegen hier was geschenkt?!, nein, billiger auch nicht, die anderen, alle anderen trifft er immer noch, von Auferstehung zu Auferstehung, von Ewigkeit zu Ewigkeit, man muß aber die Uhrzeit beachten, an der einen Küste ist sie eine andre als an der andren. Daher muß er öfter auferstehen, jedes Land will ja seinen Erlöser. Wie Ebbe und Flut gegen das Meer. Kommen auch immer wieder. Das versteh ja sogar ich! Bei uns ist Tag, während ihr noch umnachtet seid! Und jetzt wird er seine Jünger durch die Menge sicher geleiten, die sich vor ihnen selbst teilen wird, sonst wird niemand mehr teilen, die Menge macht das schon, andre sind ja nicht mehr da, die sind nicht mehr reingekommen. Der Kreuzzug ist zu Ende, jetzt wird wieder einmal ordentlich gekreuzigt.

 

Die Hirten der Völker stehen auf, der König wieder mal nicht darunter, der kommt aber noch. Er wird gleich auftreten, so wird gesagt. In das Unheil, das er anrichtet, wird er selbst nicht hineinlaufen, seines Vaters Seele, die tote, widerspricht ihm nicht, niemand widerspricht ihm, schmeichelnd verkünden alle seinen Ruhm. Er hat gewonnen. Er hat seine Herde zusammengehalten. Er hat seine Schafe im Trockenen. Er hütet separat, er hat seine eigene Herde, die ihn jeden Tag mit dem Fahnengruß grüßt. Er ist bei den Wölfen, er ist nicht bei den Schafen. Warum ein fremdes Volk retten, wenn das eigene niemand vor seinem Herrscher rettet? Das ist sein erstes Ziel, denn er muß es nicht schützen, sein Volk, das den Schützen, den Gegner des geneigten, aber das hat ihm nichts genützt, Herrscher-Ohrs, doch auch selber stellte. Dieses Volk kann das. Ich konnte mich ducken zur rechten Zeit, früh bückt sich, wer sich selbst für die Nachwelt aufheben will. Er muß sich nicht einmal aufsparen, sein Guthaben ist so groß, da muß man nicht sparen. Er ist nicht geizig mit sich. Er rühmt sich auch selbst, hier rühmt der Chef! Schmeichelnd von seinem Ruhm zu künden scheint ihm klug, da es ja kein andrer tut, oder doch? Er rühmt, wie weise er alles verwalten wird, wen er ausschließen, wen er behalten wird. Welchen Dreck er aufkehren, welchen er aufrühren, welchen Aufruhr er im Keim ersticken wird. Von wem er sich abkehren wird. Bei alldem Rühmen vergißt er dies: Wenn je ein Land sich drauf versteht, verehrungsvoll zu dienen Gott – dieser König überbietet das noch! Dazu kommen wir noch, sagt er, eins nach dem andern. Die Hilflosen kommen zuerst weg, die schaffen wir ab. Wir bestürmen Gott mit Gebeten, damit alle wissen, von was für Männern dieses Land geleitet werden und wem dauerhaft geholfen werden wird und wer dann sofort weg muß! Aufrichtig ist der Mann, der euer Herr ist. Er hilft nicht den Hilflosen, sondern denen, die keine Hilfe brauchen. Sie bekommen die ganzen Geschenke, die andre steuern werden. Die Steuergeschenke wird er persönlich steuern, das läßt er sich nicht nehmen, und er läßt sich auch sonst nichts nehmen.

 

Der Adler kreischt schon wieder!, niemand sagt Halt, keiner sagt ihm was, einer muß doch Halt sagen! Aber der überfährt ja alles, jedes Haltesignal. Irgendwo kracht es jetzt wieder mal ordentlich. Keine Ahnung. Nein, niemand da. Nur er noch da, doch er hat sich zurückgezogen, irgendwas, irgendwen haben wir ins Werk gesetzt, aber wo ist er jetzt hin? Spielt er schon wieder sein Rasenspiel, sogar der Ball rast ihm ja davon! Wir können das nicht, wir müssen bleiben. Wo ist er hin? Wieso, sie sind doch alle da, wieso niemand? Vorhin hat er doch noch zu uns gesprochen, seine Frau an seiner Seite, die alles ist, aber gewiß nicht seine Mutter! Gleich wird ihr das Gesicht in der Mitte durchreißen, so straff ist es gespannt. Wir sind alle gespannt, ob wir das sehen dürfen. Und da diese Kugel ihn nicht traf, kann die nicht gut von seinem Vater abgefeuert worden sein. Das geht ja nicht. Der hätte besser auf ihn abgezielt. Wir bleiben ungehindert hier, aber wir bleiben nicht bei uns, und uns bleibt auch nichts. Was bleibt uns übrig? Niemand wird mehr gebraucht, daher ist er selbst auch nicht da, der große Beutegreifer im Gebirg, gleich wird er wieder Beute abgreifen wie ein Autofabrikant. Denn auch in Zukunft werden Autos nicht von Menschensöhnen geboren, sie werden immer noch vom Band laufen, aber nicht fliehen können. Auf der Straße werden sie es aber probieren. Dieses Glücksgeschehen stoppt niemand mehr, stoppt ein Niemand schon gar nicht mehr. So steht er da, der Himmelsfürst, die goldnen Locken, oder was das ist, überdecken alte und neue Verwundung, er scheint nicht verwundert darüber, daß er damals nicht einmal verwundet wurde, ein Wunder! Die edelsten Führer jetzt um ihn, eine goldene Schar, längst vergoldet, jeder einzelne, ja, auch der Panzer um die Brust, Friede steht auf ihrem Nummernschild, aber wissen sie das auch?, wissen sie, wohin mit all den Kämpfen? Ja, meinetwegen auch der Busch vergoldet auf dem funkelnden Haarhelm. Sonst werden sie ihm auch noch alles weitere vergolden, wetten? Um ihn stehen sie, und er, gleich kommt er, gleich einem verwunderten, nein, verwundeten Gott in der Mitte. Als der Arzt, rasch herbeigerufen, vielleicht zur Sicherheit schon die ganze Zeit anwesend, die Wunde der sausenden Kugel erblickte, saugte er ihm Blut aus, nein, er saugte kein Blut aus, das überläßt der König jetzt andren Blutsaugern, die unsere Arbeiter entkräften wollen, damit er ein starker Führer wird und auch bleibt, auf ihre Kosten, jene aber glauben, daß die Mächtigen lieber Hirsche oder springende Bälle verfolgen werden als sie: mit uns nicht!, mit uns hat man keine Wahl, mit uns gewinnt man sie! Der Verband der Reichen, die aus ihren Nadelöhren gekrochen kommen und sofort in Paläste ziehen, wo sie eh schon sind, in Palästen ein und aus gehen, wie gewohnt, dieser Verband wird jetzt weggerissen, geben Sie sich einen Ruck!, und schauen Sie, darunter haben diese Wölfe, die Wölfe der Wallstraße, schon alles weggefressen! Bis auf den Knochen! Diese Wunde brennt! Wundbrand! Sie gehen nicht durch, die gehen uns nicht durch, wir wissen ja, wo wir wohnen, doch wir sagen es ihnen nicht, dort kommen sie eh nicht hin, und wir kommen dort auch nie hin, wo sie Haus und Hof verloren haben, die Armen, für die wir was tun werden, wir wissen nur noch nicht, was. Uns können Sie nicht mehr sagen, was und wen wir tadeln dürfen? Okay, ihn nicht, aber wir können mit dem Kopf auf die Tischplatte knallen, die wir vorhin mit einem dreckigen Fetzen eigens abgewischt haben. Wir wollen doch endlich reinen Tisch machen! Keiner sagt die Wahrheit, doch wir sagen sie die ganze Zeit, nur merkt man es nicht. Das hat ihm genützt, klar. Er bleibt jetzt ungehindert bei uns, wenn er nicht vorher stirbt, und dann kommt sein Gespenst zum Einsatz, sein Schatten, der uns alle bedecken wird, bis wir darunter ersticken, denn das Geld braucht keine Menschen, es braucht nur sich selbst. Dieser Schatten geht voraus und wirft mit Menschen, nicht umgekehrt. Und dann wird ihnen alles genommen. Take me, take me! Take you where? Das wird dann keiner mehr fragen.

 

Die Nehmer werden gerichtsbekannt sein. Es werden Tickets ausgegeben, den Schweiß der Arbeit, ohne Schweiß kein Preis, den wir sowieso nicht kriegen, weil andre ihn bestimmen, unsren Schweiß riechen wir nicht, nur den der anderen, das Keuchen hören wir bis hierher in unsre Keuschen, der Wut der Genossen entflammt und muß gelöscht werden, wir kommen sonst zu spät zum Anschauplatz, wo wir gewogen werden, damit der Herr uns gewogen bleiben möge. Wen wird er sich heute kaufen? Einen, der Adlern sogar noch die Kinder raubt?, einen, der auch ihnen das Weiße aus dem Auge stehlen wird?, haben Sie sich die neuen Fotos von ihm schon angeschaut? Nein, das wird er nicht machen, er wird sich niemand kaufen, den hat er nämlich schon. Übertreiben Sie nicht so!, das ist typisch für Sie!, im Gegenteil, er wird im Gegenzug geben, er wird alles geben, das hat er eigentlich gar nicht nötig, doch er wird geben, weniger, als er hat, ich weiß nur noch nicht, was und wieviel! Die einen verbünden sich mit den andern, es wird verbündet, es wird verbrüdert, die Schwestern sind abgereist, endlich!, es werden ganze Bünde verbündet, es werden Bündel geschnürt: ab, unter die Brücke, ins Zelt unterm Himmelszelt! Die sind jetzt alle ein einzigartig einiges Volk, das sich selbst groß gemacht hat, damit dieser Herr einen Landeplatz hat und sich nicht verfährt, sondern lieber gnädig verfährt mit uns und uns ein paar Boxspringbetten spendiert. Und dann muß der Herr natürlich den Boden unter sich auch größer machen, damit alles draufgeht, keiner schlafe!, alles tot!, okay, seine Reichweite muß auch entscheidend vergrößert werden, damit er sieht, wo er diese blöden Schuhe hingetan hat. Gebt mir meine Schuhe, rief er dem dummen Mörder hinterher, der es ja auch nicht wußte, denn der hatte gefehlt, nicht, als er aufgerufen wurde, sondern als er zur Tat schritt. Der hat ihm am Kreuz gerade noch gefehlt, die Seite kann er sich noch aussuchen, wo er auf seinem Kreuz aufgepflanzt wird, ich höre schon den Hahn knacken. Mit dem hätte er sich verbrüdern sollen?, mit diesem Schwein? Was ist das für eine blöde Religion, da haben es ja die Jungfrauenjäger noch besser, dort kriegen sie ein paar ab, die sie aber teilen werden müssen. Verbrüdern. Was alle Menschen tun. Damit sie alle draufgehen, seine Anbeter auch, mittendrin natürlich er, er ist ein flotter, gegen vermischtes Flehen jeder Art imprägnierter Beter. Damit das Land endlich groß genug ist für diejenigen unter ihnen, die es auch bequemer und größer haben wollten und größer auch gemacht haben, damit sie alle reingehen, damit sie alle dort reingehen, wo der König schon ist, damit sie alle dorthin gehen, wo selbst der König zu Fuß geht, weil er dort gar nicht hin will und auch nie ankommt. Seiner Fürsorglichkeit für uns hoher Lohn! Her mit dem Lohn! Wir geben ihn weiter, er hat es verdient. Damit sie alle ruhig, ohne zu muhen, in den Schlachthof geleitet werden, wo brüllend das Vieh ausatmet und nicht mehr ein-. Ja, manche, die weder hören noch sehen können, denen es vergangen ist, die haben dafür ein Verständnis für Rinder und wie man sie am besten umbringt, damit sie Ruhe geben vor der ewigen Ruhe: unterwegs im Auftrag des Viehs mit der Stimmgabel, die es anschlägt, lesen Sie diese interessanten Anschläge!, Schläge dort weiter drüben!, dies hier war auch einer, so ein Anschlag aber auch. Dabei haben wir nur Abschläge geübt.

 

Allein weil sie da sind, haben sie das gemacht, haben sie das machen können, was? Keine Ahnung. Ach ja, das wars: Macht das Land größer, macht es so groß, wie es immer schon war, nur habt ihr es damals nicht gemerkt! Jetzt macht es doch endlich größer, macht schon, mindestens so groß, wie es einmal war, so muß es wieder werden, damit auch wir es endlich sehen! Wir rufen alle: Naht als Beistand für unser Land und seine Bürger, naht, aber laßt sie nicht platzen, die Naht. Ihr habt den Schlaf so lange abgewehrt, jetzt hat der König euch in den Schlaf gesungen, er hat euch endlich heimgeleuchtet, mit Blaulicht heimgeleuchtet ins Spital auch sich selbst, ins Haus der Häuser auch sich selbst, aber nur kurz, egal, diese schreckliche Zeit ist jetzt zu Ende. Er ist wieder in der Gegend, der Herrscher, den Raub vollführt er jetzt persönlich, wir aber stehn hier und dulden es. Den Weg nach dort, keine Ahnung, aber ich werde schneller dort sein als ihr, den Weg nach dort also voranzugehn, als Führer euch zu dienen, ja, so nennt man das jetzt, zu dienen, da die Diener endlich schweigen, keine Chance mehr für sie, also ich sehe keine. Merkt euch: Wer fängt, wird Fang, und ihm, dem Jäger, fiel das Jagdglück zu. Was wir dazu sagen? Wir sagen: Was mit List und wider Recht gewonnen ist, hat nicht Bestand. Auch keine Helfer findet er. Was? Und was ist mit seinem Schatten? Der wird jetzt schon größer als er, ein Mann, der kommen wird, ein Künftiger knapp vor der Ankunft, der ihn ersetzen wird, besser, als er je war, eine rechte Hand, die dem König gereicht wird, während die Linke, die genau weiß, was sie tut, schon das Land umklammert. Und zwar mit einer Geldklammer? Der ist doch wirklich nicht zu übersehen, der kennt das Volk besser als sich selbst, dieser Führer der Schatten, der da kommen wird, um auch den Rest unserer Sünden hinweg zu nehmen. Seine Wünsche trägt er schon unverhohlen vor sich her. Ja, aber das ist schon komisch, das, was da geworfen wird, ist ein Mensch, nicht sein Schatten, der Schatten wirft mit den Menschen, ich glaubs nicht! Niemand sonst glaubt es, weil es noch niemand so gesehen hat. Da hinter ihm ein riesiger Schatten, der seinem Werfer nicht einmal ähnlich schaut, na, da hat er halt den Spieß umgedreht und seinen Werfer geworfen. Der schaut sich immer wieder um, weil er selbst keinen Schatten wirft, er ist ja einer, er versteht das nicht, er fühlt sich plötzlich so leicht, als Körper wäre er eher ein geerdeter Mensch, der, wie wir alle, aus der Erde gekrochen gekommen ist, denn sich eine Frau dafür vorzustellen, das ist dann doch zu eklig. Nein, das sagt er gar nicht, wir sind es, die das sagen? Ein sprechender Schatten, riesig groß? Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich muß mich irren. Na hoffentlich! Na, das hört eh keiner, machen wir Schluß! Endlich Schluß, damit er in Ruhe regieren kann, ungestört sich ins Werk setzen kann, sich überhaupt endlich setzen kann und seine Schuhe anziehen, die einst er verlor, noch einmal kommt nicht ungerüstet er zu einem dreisten Anschlag, er wird gewappnet sein. Er wird sich auf irgendwen stützen, den wir nicht sehen, seinen Schatten, fast unsichtbar, nein, doch nicht, ich habe ihn vorhin als dunkel und riesig geschildert und als den eigentlichen Menschen, der seinen Herrn wie ein verkehrter Diskuswerfer hinter sich herschleppt, die ganze Erde hinter sich herschleift, denn die ist eine Scheibe, ich kann es nicht sagen, wie so oft, wo er jetzt ist, doch er ist da, das weiß ich, er ist immer da, der Zukünftige, er wartet schon im Körper des Herrschers, daß er sich von diesem trennen kann und selber herrschen. Der Herrscher bleibt nicht, kein Herrscher bleibt, das hieße ja, daß er stehengeblieben ist, zurückgeblieben ist, nein, das wollen wir nicht, er bleibt ungehindert hier bei uns, der Herrscher und sein Schatten bleibt, ist doch egal, wer vorn und wer hinten ist. Aus. Ende. Er versichert, daß er vor mindestens vier Jahren nicht sterben wird, vier Jahre wird er durchhalten, dann kann sein Schatten übernehmen, der kann derweil üben, er wird nicht ruhen, als bis alles Geld jenen zugeführt wird, die es heiraten wollen. Er ist der Brautvater des Geldes und sein Bräutigam zugleich. Die Braut ist er nicht, das ginge zu weit. Er ist auch seine Mitgift, dieser redliche Mann hat es verdient.

 

Der König wird alles richten. Die Dornenkrone weg!, die braucht er jetzt nicht mehr, auch das Pflaster am Ohr – so groß, daß es die hinteren Reihen noch sahen und sich selbst eine klebten, sich für die Feldschlacht, die Schlacht ums Feld, bereit machen konnten – auch dieses Pflaster braucht er jetzt nicht mehr, es war ein Trostpflaster, das braucht er nicht mehr. Er braucht keinen Trost. Er ist selbst der Trost für das geschundene Land. Er eilt rüstig zur ehrenkrönenden Feldschlacht vor die Kameras, es ist vorbei. Er ist der Sieger. Er will jetzt sofort mit seinem Schatten sprechen, doch der antwortet ihm schon jetzt nicht mehr. Auf der ganzen Linie, die er abschreitet, braucht er aber keine Antworten. Er genügt. Er ist nicht genügsam, aber er genügt uns schon. Seine Zunge ist mit einem goldenen Schloß versehen, das uns beschwichtigen soll. Keine Chance, da je einzudringen in den Körper des Herrschers! Die Späne sind geschichtet, die Anhänger sind geschlichtet, die Anhänger sind schlicht, aber sie zählen, jede ihrer kleinen Stimmen hat gezählt, das Feuer brennt jetzt, es brennt schon lang. Es hat sich nichts gewandelt, es ist keiner übers Wasser gewandelt. Es ist bloß entschieden. Es ist alles vorbei. Die Adler packen ihre Picknicktaschen und fliegen fort, unter bedauernden Blicken aufs leere Nest, bauen sie sich halt ein neues. Einer wird schon drüber wachen. Und das wird auch er sein.

 

Es war alles umsonst, aber nicht gratis. Die Schlacht um den Hügel, die Schlacht auf dem Hügel, das leuchtende Zeichen der Gottheit, alles verschwunden, das goldene Haus weg, die Schmach, gewonnen und doch verloren zu haben: verschwunden. Alles weg. Und dann das! Schon wieder gewonnen! Ich glaubs nicht! Wer hält denn sowas aus? Das wird ja schon langweilig und gleichförmig, das Gewinnen, immer dieselben, die üblichen Verdächtigen, gewinnen immer, das macht doch keinen Spaß! Der Gewinner ist immer er, und wenn er einmal nicht gewinnt, dann ist er der lockende Gewinn, um den zu kämpfen lohnend ist. Der Schatten dreht sich sogar manchmal um, ob sein Vorgesetzter, der jetzt hinter ihm hertrottet, noch da ist. Nun, fremder Wanderer, was sagst du dazu? Sagst du nicht, dein Wächter sei ein falscher Seher? Dein Wächter sei dein Schatten, der noch mehr du bist als du selbst? Ganz nah und schon auf dem Weg hierher, falls der Schatten sich mal umsehen wollte, wen er noch anführen könnte?

 

Des Königs siegesfroher Ruf erreicht uns überall, in Bild und Ton, Moment, wir kommen schon! Wir ziehen gegen Westen, wo ist der bitte? Sind wir nicht alle der Westen? Der Lauf der Gläubigen wird Breschen in diese Brachen schlagen, wo längst kein Leben mehr ist, in Wiesen, in Autobahnen, was steht ihr so tatenlos herum, ihr Geier? Und ihr Adler, was ist mit euch? Brecht auf, brecht auf, was verschlossen war, die letzten Bastionen, brennt sie nieder, es ist jetzt alles eins. Schamlos und doch furchtsam erstarren die Söhne des Landes, welche von ihren eilenden Läufen über die zu gemächlich gemähten Wiesen ermüdet sind. Die letzten von ihnen stehen schon wieder auf, die vorderen Reihen kommen auch noch dran, dort vorn ist ja dieser Schatten, der kommt auch noch dran, die Reihen marschieren, die saftigen Weiden, die eifrigen Wiesen sind auch nicht faul, doch der Schnitt wird auch sie demnächst erwischen, bald. Es ist ein Schnitter. Ja, aber wir sehen ihn nicht, wo ist er? Der heißt Tod. Ach so. Ja, die Söhne auch. Die erwischt es auch. Sie durchlaufen die Städte, welche ebenfalls müde sind von allem, was ihnen jeden Tag angetan wird, und in der Nacht erst! Doch keiner schlafe! Sie können müde sein, sie dürfen ruhig müde sein, auch unaufmerksam, ein Gott wird für sie denken, doch schlafen dürfen sie nicht, noch nicht, der Gott wird Bäume pflanzen, er wird sie alle pflanzen, und wenn er es nicht kann, wird er den Garten abgeben an noch stärkere Ackersmänner dahinter, Sie dürfen nie dahinterkommen!, deren Stellvertreter er ist: der Stellvertreter von Vertretern, deren bunt glitzernde Sachen im Musterkoffer er nicht versteht, er versteht gar nichts davon, nicht einmal davon, was in einen Koffer hineingeht, versteht er was, wirklich nichts, wie soll er sie da verkaufen! Die sind doch längst verkauft! Auch im Sterben wird er nun nicht ganz unselig sein, wenn sie ihm nahe sind von beiden Seiten, Kinder, schmiegt euch fest an ihn! Schatten, mach, was du willst! Umschling den Vater oder nicht, daß er sich erholen kann vom Elend seiner Irrfahrt und Verlassenheit. Und seine Verlassenschaft erst! Wer noch warten kann, wird eine Überraschung erleben, das kann ich ihm garantieren. Nun erzähle ich das Geschehene nur kurz! Als ob ich das könnte! In meinem Alter liebt man ja das karge Wort, für mehr habe ich keinen Platz mehr. Den Koffer kann er schließen, der Retter, der Vater: Hört nur auf ihn! Hört nicht auf mich, auf ihn sollt ihr hören! Und schöne Grüße! Seid in Zukunft so treu um mich besorgt, wie ihr es bis jetzt wart. Ich kann es brauchen. Ich bin ganz allein.

 

Immer noch müde vom schnellen Lauf? Von Mut und Stärke verlassen? Dann können sie genausogut ihm folgen, es ist ja kein andrer da. Am Ufer des Meeres die Menschen, die selbst wie das Meer sind, das jetzt uferlose, es gibt keine Grenzen mehr für sie, sie sind alles, sie sind alle, sie sind ganz platt, sie dürfen alle andren auch noch spielen, meinetwegen auch die Adler, die wenigen, die noch fliegen können, von der Mehrheit gejagt, die durch die Wälder streift mit den Flinten. Von denen hört man ja nichts, von der schießenden Mehrheit hört man ja nichts. Jetzt wird man sie gleich wieder hören. Sie hören noch von uns, sagen sie. Von der Mehrheit hört man oft und wird man noch oft hören, aber keiner hört zu. Er war ja immer der Gewinner, das ist etwas eintönig, finden Sie nicht? Die es selbst gesehen haben, hören schon gar nicht zu, sie kennen das bereits, sie erinnern sich vergangener Zwiste, lassen aber das Vergangene gern fahren, wohin es will, wie der Schatten seinen Menschen, wiewohl betrübt sie alle sind, daß jetzt, außer ihren Nachbarn, niemand auch nur streiten will mit ihnen. Wird sie diese Rede beschützen? Werden sie von diesem mächtigen Redner beschützt werden? Nein. Diese Rede wird sie nicht beschützen, sie brauchen auch gar keinen Schutz, sie sind ja alle, sie sind alle für den Herrscher, egal, was der sagt. Genau, es ist, wie ich prophezeite: Da geht einer am Ufer des Meeres, der entsagte dem Zorn gegen die Hirten der Völker, doch die Völker sind ihm ganz wurscht, das sag ich. Nur dieses eine halt nicht. Fürchterlich schreiend erregt es die Aufmerksamkeit seines Herrschers stets aufs neue, den die Wunde längst nicht mehr schmerzt. Sie sind viele, sie sind fast alle, sie haben sich mit ihrer eigenen Stärke gegürtet, die Hose rutscht trotzdem. Man sieht schon ihr schreckliches Geschlecht. Sie gehen sortierend und ordnend durch die Reihen der Krieger, die sie selber sind, sie sind ihr vorderstes Glied, sie rüsten zum Endkampf, der Termin steht schon fest, er wurde ihnen genannt. Die Vorkämpfe nicht mehr nötig, gegen wen denn bitte, gegen wen noch vorkämpfen, wenn der Hauptkampf schon gewonnen, bevor der Vorkampf begonnen? Gegen wen war bitte der Hauptkampf? Das müssen Sie sich nicht merken. Der ist doch gar nicht mehr nötig! Dieser neue Gegner wäre doch gar nicht mehr nötig gewesen! Eine Frau, was ist das schon! Die lassen wir vorbei samt ihren fliegenden Worten, die uns nicht erreichen. Kein Wagen muß mehr angespannt werden, kein Muskel, nach keiner Rüstung muß gegriffen werden, Zorn muß nicht mehr erzeugt werden, Stärke auch nicht, wir produzieren jetzt den Streit, ein neues Produkt, das wir anbieten, das aber jeder schon von zu Hause her kennt, nur in etwas andrer Form, in einer schlechteren Form, das startet gar nicht erst, es gewinnt sowieso nicht. Und dann exportieren wir ihn, dann exportieren wir den Streit, den Zorn einfach, bis er das Land überzieht mit seinem geblümten Überzug, so daß keiner mehr drunterschaut, was da ist, und es für Frieden hält, was da ist, denn Frieden hält nicht von selbst, er muß gehalten werden, damit er nicht im letzten Moment noch hinfliegt. Zu blöd, daß wir den auch noch halten sollen!

 

Dunkelgelockte Erdumgürter, ja, ihr: Zieht euch zusammen, macht sie zu, pfeift auf die blöde Schnalle hier!, die seht ihr gar nicht!, laßt euch nicht einengen, strömt hervor! Zum König der Schatten eilt, bis ihr selbst Schatten seid, ihr alle das neue große Heer – nur Schatten, die sich in Hausmauern einbrennen, die Menschen sind jetzt weg, futschikato. Nur in Gold und wahlweise mit Edelsteinen besetzt sind sie noch erhältlich, wenn auch nicht für jeden. Wer kann sich Menschen noch leisten, bei dieser Inflationsrate! Wir erzeugen jetzt endlich nur noch Schatten in unseren Schattenfabriken. Bis in die hintersten Reihen sollen sie kämpfen, die Schatten, aber vorne schon auch. Ja, bitte! Sie sollen erst mal gegen die Sonne kämpfen, ohne die es sie jedoch nicht gäbe. Es ist aber doch so heiß! Jeden Tag diese Hitze! Um jede Stimme kämpfen nicht mehr nötig, er hat sie alle schon, die er benötigt, sogar noch mehr als nötig. Das ist jetzt sonnenklar. Jetzt wissen wirs. Der Schützer des Festlands, aber auch der Meere, er hat gewonnen. So viele Worte – so ein mageres Ergebnis! Wir teilen ja alles, auch die Stimmen, und dann vereinigen wir sie wieder, wir werfen die Lose, diejenigen, die kein Schicksal haben, die machen sich jetzt eins, das Los hat gesprochen, wir alle sind die Gewinner, sagt es, unseren Gewinn wird man uns noch mitteilen, noch warten wir, daß die Stimme ertönt, nachdem wir sie abgaben, jedem das Seine, jeder die Seine, rechtzeitig zum Abgabetermin, eine dröhnende Stimme, nicht von dieser Welt, sowas haben wir ja noch nie gehört! Wir alle sind überhaupt alle und nichts weiter. Alle von uns. Wir sind platt. Das genügt. Mehr nicht nötig. Jeder vernimmt sie, die Stimme, bevor der König noch einvernommen werden kann. Jeder vernimmt ihn und seine Stimme, die er immer bei sich trägt. Der König der Schatten, der Schatten des Königs, das nächtliche Dunkel, der weite Himmel, in dem der König bald sein wird, jetzt zum Glück noch nicht, aber bald!, der Schatten wartet geduldig, er hat sich gerettet, aber keinen anderen. Diese Wolke, die sich vor die Sonne geschoben hat, diese Wahl, die geschoben wurde, gegen den König, das wird uns nicht noch einmal passieren, er wird diesmal nämlich ohne jeden Zweifel gewinnen, jetzt ist er soweit, endlich!, es ist soweit, ja, diese Luft gehört noch uns, und was wir noch nicht haben, das wird er uns nun zuweisen, der Schatten ist begeistert, er ist ja aus Luft, der holt euch noch alle ein, wetten? Hart ist unser Kampfgeist, aber nicht hart genug. Das Pferd kaut am Gebiß, die Flocken fliegen, es ist Schaum, das Pferd hat ihn nicht vom Reden vorm Maul, er schon. Sein Gebiß flackert im Scheinwerferlicht, er denkt, wir sind schon ausgegangen, aber wir sind noch da. Heil! Er wird uns anweisen, wem wir was zuweisen sollen. Heil! Er wird dafür sorgen. Er wird sich nicht um uns sorgen, doch er wird für etwas sorgen, das er noch nicht bekanntgegeben hat. Muß er auch nicht. Noch nicht, aber bald, darauf könnt ihr euch verlassen. Übrigens: Wie geht es ihm überhaupt? Hat er eine neue Botschaft für uns? Meint dieser Mann es überhaupt ernst mit uns? Hat die Nahtoderfahrung damals ihn irgendwie verändert? Ist sein Sieg jetzt etwa nicht mehr so strahlend, wie er sein könnte? Wir putzen und putzen. Was wissen wir noch nicht? Was scheint da noch nicht durch die Scheibe, die so klar ist wie unsichtbar? Und doch ist sie da. Was werden wir noch erfahren? Wir befinden uns schließlich in einem Kampf des Guten gegen das Böse, je nachdem, wo man steht. Die Kämpfer stützen sich schweratmend auf ihre Waffen, es schmerzen noch die Wunden, doch es war für eine gute Sache. Es hat sich ausgezahlt, jetzt werden andre bezahlt und wieder andre bezahlen. Wiederum andre sind angezählt. Für ihn wurde ausgezählt, jeder Zweifel ist weggeräumt. Zuletzt kommt jetzt der König der Menschen in den Saal, den Ort der Versammlung. Wer ist getroffen worden? Wir haben etwas läuten hören. Ist der Menschensohn etwa gegangen und als König zurückgekehrt? Hat der Schatten sich etwa wieder richtig eingeordnet? Der hat sich doch überschätzt! Genau! Ja, ganz genau das ist passiert. Wir wissen doch noch gar nicht, wer gewonnen hat! Doch jetzt wissen wirs. Handeln oder zögern wir? Er würde nicht zögern. Wir übergeben uns ihm. Eine Delegation von uns übergibt sich. Jetzt die nächste. Die Schlangen winden sich mehrfach ums Gebäude. Oje, dieser Kampf, der zerreißt uns noch, mit Händen zerfetzen wir uns die Brüste, also diejenigen, die welche haben. Die andren machen halt was andres. Es ist ja genug da. Wer schüttet Wasser auf uns, um uns auszulöschen? Was sagt dieser Mann Gottes? Das interessiert uns brennend. Alle gemeinsam haben wir die brennende Erde und einen hohen brennenden Berg voller brennender Bäume, nein, nicht hoch, ein Hügel nur, den wir erklimmen, immer wieder erklimmen mit unseren Rucksäcken hinten und der Wut vorn und der Waffe etwas mehr seitlich. Wir waren schon oft oben, den Weg finden wir inzwischen im Schlaf. Der Herr muß nur noch kommen. Ah, wir sehen: Er ist schon angekommen. Er ist da. Jetzt ist er da. Er war nie weg, jetzt aber ist er ganz da. Für uns. Willkommen! Wer bist du, der Unsterblichen Bester, der uns ruft, der uns fragt? Das muß er nicht, wir sagen brennend ja. Bis wir zu Sinnen gekommen, sagen wir halt, immer noch brennend: ja.

(Jens Freitag - Weißkopfseeadler, Portrait, CC BY-SA 4.0)

Na ja, die Ilias konnte ich dafür schon recht gut brauchen!

Und was seh ich noch? Ödipus auf Kolonos, der arme alte Kerl!
Paul Celan: Todesfuge


Veröffentlicht am 10.11.2024 auf elfriedejelinek.com